Wenn Kündigungen an Formfehlern scheitern
A&W RedaktionPraxisinhaber, die sich von einem Arbeitnehmer trennen wollen, stehen vor einer Mammutaufgabe. Viele Kündigungen scheitern bereits an den strengen Formvorschriften. Wie sich Fehler vermeiden lassen.
Für Arbeitgeber kann das deutsche Arbeitsrecht mitunter zum Fluch werden. Chefs, die ihr Team verkleinern wollen, sind ab einer gewissen Praxisgröße nicht nur den strengen Regeln des Kündigungsschutzgesetzes unterworfen. Um ein Anstellungsverhältnis beenden zu können, müssen sie auch etliche Formvorschriften beachten. Darauf weist der Bremer Fachanwalt für Arbeitsrecht, Klaus-Dieter Franzen hin.
Wer schreibt, der bleibt
Auch wenn der gute alte Brief zunehmend von der elektronischen Kommunikation verdrängt wird: Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses bedarf nach wie vor der Schriftform. So verlangt es § 623 BGB. Und das bedeutet: Der Arbeitgeber muss den Rauswurf auf Papier niederlegen, eigenhändig unterzeichnen und das Original dieses Dokuments dem zu kündigenden Mitarbeiter zustellen. Jede Abweichung von dieser Regel macht die Kündigung angreifbar: Daher ist die nicht gewahrt, wenn der Chef per Namenskürzel unterschreibt, auch Stempel oder Scans einer Signatur genügen nicht. Ebenfalls verboten ist die Übermittlung der Kündigung per Fax, E-Mail oder WhatsApp.
Doch sind die Hürden nicht nur hoch, was die Form der Kündigung angeht. Damit eine Kündigung wirksam wird, muss sie dem betreffenden Arbeitnehmer auch tatsächlich zugehen. Andernfalls ist sie unwirksam. Das Arbeitsverhältnis besteht dann nach wie vor fort.
Die Tücken des Zugangs
Während sich die Formvorschriften bei der Kündigung noch recht problemlos einhalten lassen, haben Arbeitgeber oft erhebliche Probleme, auch einen ordnungsgemäßen Zugang des Schreibens sicherzustellen.
Dieser ist von zwei Voraussetzungen abhängig. Zum einen muss die Kündigungserklärung in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangen. Zum anderen muss der Empfänger „unter gewöhnlichen Umständen die Möglichkeit haben, von dem Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen. Vor allem aber muss der Arbeitgeber im Zweifel beweisen, dass diese beiden Voraussetzungen auch wirklich erfüllt wurden. Und das ist in der Praxis nicht immer einfach.
Der rechtlich sicherste Weg, um den Zugang einer Kündigung zu gewährleisten, ist es, dem betreffenden Arbeitnehmer das Schreiben persönlich zu übergeben und sich den Empfang schriftlich quittieren zu lassen.
Vielfach wird eine solche Übergabe aber schon daran scheitern, dass das Verhältnis zwischen den Vertragsparteien nicht mehr das beste ist und der zu Kündigende wahlweise im Urlaub weilt oder krank ist.
Zwar ist es denkbar, Kündigungsschreiben dann einfach einzutüten und zur Post zu geben. Briefe dieser Art erreichen aber so gut wie nie ihr Ziel. Zumindest können Arbeitgeber die Behauptung des Empfängers, er habe den Brief nie erhalten, selten widerlegen. Ähnlich unsicher ist es, die Kündigung per Einschreiben zustellen zu lassen: Denn trifft der Postbote den Empfänger nicht an, muss er ihm nur eine Benachrichtigungskarte hinterlassen. Der Empfänger ist aber nicht verpflichtet, das Schreiben abzuholen. Die Zustellung ist dann gescheitert. Selbst Einwurf-Einschreiben erkennen die meisten Gerichte nicht als ein wirksames Beweismittel an.
Ein Kurier schafft Sicherheit
Ist eine persönliche Übergabe nicht möglich, sollten Ärzte daher nicht der Post vertrauen, sondern einen Kurierdienst einsetzen. Wichtig ist es, dass dieser den Inhalt des Schreibens kennt. Zudem muss er neben der tatsächlichen Zustellung auch dessen Kuvertierung unter Angabe von Datum, Uhrzeit und anwesenden Personen dokumentieren und seinen Bericht von sämtlichen Zeugen gegenzeichnen lassen.
Die letzte Hürde ist nun, dass der Arbeitnehmer den Inhalt der Kündigung zur Kenntnis nehmen muss. Bei der persönlichen Übergabe geschieht dies sofort. Anders sieht es beim Einwurf in den Briefkasten aus. Denn der Empfänger muss nicht damit rechnen, dass dort in den Abendstunden, am Sonntag oder an einem Feiertag Post eingeworfen wird. In diesen Fällen geht das Schreiben erst am folgenden Werktag zu und setzt wichtige Rechtsfolgen – etwa den Lauf der Frist für eine Kündigungsschutzklage – in Gang.
Nichts dem Zufall überlassen
Niemand trennt sich gerne von einem Mitarbeiter. Manchmal ist es aber unvermeidbar, dass Praxisinhaber ihr Team verkleinern. Die eigentlichen Herausforderungen beginnen aber erst, wenn die Entscheidung zur Kündigung bereits gefällt ist.
- Wenn das Kündigungsschutzgesetz greift, stellt sich zunächst die Frage, ob der Arzt den Rauswurf auf einen wirksamen Kündigungsgrund stützen kann.
- Auch die formalen Anforderungen an eine Kündigung sind hoch. Fehler in diesem Bereich machen selbst eine inhaltlich gerechtfertigte Kündigung null und nichtig.
- Praxisinhaber sollten daher peinlich auf die Einhaltung der Schriftform achten und bei der Zustellung sowie dem Nachweis des Zugangs der Kündigung vorausschauend agieren.