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Recht

Arbeitnehmer, die aus Praxis oder Klinik ausscheiden, können von ihrem Chef die Erteilung eines Arbeitszeugnisses verlangen. Doch wie lange gilt dieser Anspruch? Und welchen rechtlichen Anforderungen muss die Beurteilung genügen? Diese Fragen musste vor Kurzem das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg beantworten.

Wie schlecht ist zu schlecht?

Im konkreten Fall ging es um einen Mann, der seinen Job gekündigt und ein Zeugnis erhalten hatte, dass er selbst als „unterirdisch“ und „inakzeptabel“ bezeichnete. Er verlangte daraufhin ein neues Zeugnis – und erhielt erneut ein Schriftstück, mit dem er nicht einverstanden war.

Insbesondere nahm er Anstoß daran, dass seine Leistung darin als „insgesamt schwach“ und er selbst als „nicht belastbar“ beschrieben wurde. Sein Verhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten sei „von Spannungen geprägt“ gewesen. Zudem schrieb der Arbeitgeber, dass die vormals gezeigten Leistungen „durch seinen leichtfertigen Umgang mit vertraulichen Informationen und seine diesbezüglich bis heute fehlende Einsichtsfähigkeit für das Unternehmen vollständig entwertet“ wurden. Er verlangte erneut eine Korrektur – hatte damit aber keinen Erfolg.

Die Bedeutung des Faktors Zeit

Mit seiner Klage gegen das zweite Zeugnis ließ der Mann sich allerdings zwei Jahre Zeit. Der Arbeitgeber berief sich deshalb darauf, dass der Anspruch verwirkt sei. In der ersten Instanz hatte der Chef mit dieser Argumentation auch Erfolg. Das LAG war im konkreten Fall allerdings anderer Auffassung und befand: Wer absichtlich ein untaugliches Zeugnis ausstellt, muss damit rechnen, dass er auch noch nach Jahren auf Berichtigung in Anspruch genommen wird (Az. 4 Sa 54/22).

Zwar sei es zutreffend, dass der Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses und damit auch der Anspruch auf Berichtigung verwirken könne. In der vorliegenden Konstellation habe der Arbeitgeber aber nicht darauf vertrauen dürfen, dass sein ehemaliger Mitarbeiter seine Beurteilung dauerhaft akzeptieren würde. Als Grund nannte das Gericht die Tatsache, dass der Arbeitgeber es „erkennbar darauf angelegt [habe], dem Zeugnis die Tauglichkeit zu entziehen“. Darüber hinaus habe der frühere Arbeitnehmer durch die Beanstandung des Zeugnisses und den Vorwurf, die Arbeitgeberin wolle ihn „vorsätzlich und sittenwidrig“ schädigen, zu erkennen gegeben, dass er das Zeugnis nicht für erfüllungstauglich halte.

Der Kläger konnte daher auch noch zwei Jahre nach Ausstellung des Zeugnisses dessen Korrektur verlangen.

Streit ums Arbeitszeugnis kann vermieden werden

Auch wenn Personaler der Aussagekraft von Zeugnissen immer weniger vertrauen, sind Streitigkeiten um dieses Dokument noch immer an der Tagesordnung. Die aktuelle Entscheidung des LAG Baden-Württemberg zeigt, dass Arbeitgeber auch lange nach dem Ausscheiden eines Beschäftigten noch in der Pflicht sein können.

Um Ärger zu vermeiden, ist es daher ratsam, Zeugnisse möglichst zeitnah zu erstellen und dabei die geltenden rechtliche Vorgaben zu beachten.