Wann Ärzte Empfehlungen aussprechen dürfen und wann nicht
Judith MeisterWelche Serviceangebote dürfen Ärzte ihren Patienten machen? Und wo beginnt die verbotene Werbung? Das Landgericht Köln hat dazu ein Urteil gesprochen.
Darf ein Arzt einem Patienten einen Kollegen empfehlen – oder ihm einen Physiotherapeuten, Optiker oder ein bestimmtes Sanitätshaus ans Herz legen? Die Antwort auf diese Frage lautet, wie so oft: Es kommt darauf an.
Grundsätzlich sind Ärzte aus berufs- und wettbewerbsrechtlichen Gründen angehalten, keine ungefragten Empfehlungen auszusprechen. Etwas anderes gilt, wenn ein Patient aktiv um Rat bittet. Zum Beispiel, weil er keinen geeigneten Leistungserbringer kennt oder eine Alternative zu einem Anbieter sucht, mit dem er unzufrieden ist. Trotz dieser recht klaren Unterscheidung kommt es in der Praxis immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten. So auch in einem Fall, den vor Kurzem das Landgericht (LG) Köln zu entscheiden hatte.
Sanitätshaus verklagt Arzt
Geklagt hatte ein Geschäft für Sanitätsbedarf und Orthopädietechnik. Dessen Inhaber warf einem niedergelassenen Orthopäden vor, er habe einem Patienten unzulässigerweise ein anderes Sanitätshaus empfohlen.
Die Anschuldigung führte das Geschäft auf die Aussagen eines von ihm beauftragten Praktikanten zurück. Dieser war beim fraglichen Arzt als Testpatient aufgetreten. Der junge Mann hatte dabei über Schmerzen geklagt. Daraufhin hatte der Arzt ihm Einlagen verschrieben. Nach Aussage des klagenden Sanitätshauses hatte der Orthopäde dem Testpatienten zudem von sich aus ein konkurrierendes Sanitätshaus empfohlen und ihm den Weg dorthin beschrieben. Dafür mahnte das Geschäft die Praxis ab und verlangte für die Zukunft die Unterlassung solcher Empfehlungen. Sollte der Orthopäde dem nicht folgen, wollte das Sanitätshaus ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro durchsetzen.
Fragwürdige Erinnerungslücken
Der Arzt beschrieb den Sachverhalt anders: Der Testpatient habe ihn ausdrücklich um eine Empfehlung für ein Sanitätshaus mit guten Leistungen gebeten. Diese Anfrage sei auch in der Patientenakte dokumentiert. Dies sei üblich, da in Teambesprechungen seiner Praxis immer wieder darauf hingewiesen werde, dass ungebetene Empfehlungen verboten seien.
Empfehlungen auf Bitte des Patienten erlaubt
Diese Aussagen überzeugten das Gericht. Die Klage wurde abgewiesen. Zur Begründung führte die Kammer aus: Nach dem Berufsrecht liege ein hinreichender Grund für eine Empfehlung unter anderem dann vor, wenn ein Patient eine solche erbitte. Dass der Arzt dem Testpatienten das in Praxisnähe gelegene Sanitätshaus empfohlen habe, ohne dass dieser um eine Empfehlung gebeten habe, habe das klagende Konkurrenzunternehmen nicht beweisen können.
Vielmehr habe der Praktikant bei der Zeugenvernehmung zunächst angegeben, dass er sich nicht erinnere, ob er um eine Empfehlung für ein konkretes Sanitätshaus gebeten habe. Auch wusste er nicht mehr, ob das ihn beauftragende Unternehmen ihm gesagt habe, dass er nach Empfehlungen nicht fragen solle. Angesichts dieser Unklarheiten entschied das Gericht zugunsten des Orthopäden. Die Klage wurde abgewiesen (Az. 33 O 23/20).
Rechtliche Vorgaben für ärztliche Empfehlungen
§31 Abs. 2 MBO-Ä verbietet es, Patienten ohne hinreichenden Grund bestimmte (Fach-)Kollegen, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringer oder sonstige Anbieter gesundheitlicher Leistungen zu empfehlen. Patienten sollen so vor sachfremden Erwägungen des behandelnden Arztes geschützt werden. Zudem soll die Norm die freie Arztwahl gewährleisten. Diese Wahlfreiheit ist schon dann beeinträchtigt, wenn der Arzt dem Patienten von sich aus einen bestimmten Erbringer gesundheitlicher Leistungen empfiehlt. Auf aktive Nachfragen hingegen dürfen Berufsträger mit entsprechenden Empfehlungen reagieren.