Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Vertragsrecht

Während sich viele junge Ärztinnen und Ärzte gerne anstellen lassen, ist für andere die Selbstständigkeit das erklärte Ziel. Beide Varianten der ärztlichen Berufsausübung bieten unbestreitbare Vor- und Nachteile. Schwierig wird es allerdings, wenn der eigene Status plötzlich unklar wird.

Insbesondere bei Praxisvertretern kommt immer wieder die Frage auf, ob eine selbstständige Tätigkeit vorliegt oder die Vertretung nicht als angestellter Arzt – und damit sozialversicherungspflichtig – beschäftigt wird. Um böse Überraschungen und schmerzhafte Nachzahlungen zu vermeiden, sollten Niedergelassene auf eine rechtssichere Gestaltung der Vertretung achten.

Warum Urlaubsvertretung als Scheinselbstständigkeit gelten kann

Bei der Frage, welchen Status ein Arzt in der Praxis eines Dritten hat, stellt die Rechtsprechung, leidlich schwammig, darauf ab, ob er „nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit in einem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Praxisinhaber steht“ oder nicht (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, L 11 R 2433/16).

Liegt eine solche persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit vor, gilt sie als Indiz für eine Scheinselbstständigkeit. Es besteht dann stets die Gefahr von Nachzahlungen an die Sozialversicherungsträger.

Was sollte in einem Vertretungsvertrag für die Arztpraxis stehen?

Medizinrechtler empfehlen, Vertretungsverträge so präzise wie möglich zu verfassen. Insbesondere ist hervorzuheben, dass der Vertreter für die Vertretungszeit an die Stelle des Praxisinhabers tritt. Auch ist der Eindruck zu vermeiden, dass der Vertreter – wie ein Arbeitnehmer – in die Praxis eingegliedert wird. Deshalb sollten die Vertragsparteien schriftlich fixieren, dass der Praxisinhaber seinem Vertreter keinerlei Weisungen erteilen darf, sondern vielmehr der Vertreter gegenüber dem übrigen Praxispersonal weisungsbefugt ist. Wichtig ist es zudem, dass der Vertreter in der Ausgestaltung seiner Vertretung so frei, wie möglich ist und – in einem gewissen Rahmen – auch die Öffnungszeiten frei gestalten kann.

Wichtige Urteile zum Thema Scheinselbstständigkeit in der Praxis

Wie relevant das Thema Scheinselbstständigkeit für Ärzte auch jenseits von Praxisvertretungen ist, zeigen die vielen Entscheidungen, die die Sozialgerichte hierzu allein im vergangenen Jahr fällten. So entschied etwa das SG Münster, dass die Tätigkeit einer Ärztin, die aufgrund jährlich abgeschlossener Honorarverträge für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) sozialmedizinische Beratungsaufgaben übernommen hat, der Sozialversicherungspflicht unterliegt. (Az. S 23 BA 134/18).

Das Sozialgericht Dortmund hatte zu klären, ob die Honorartätigkeit eines Notarztes im Rettungsdienst eine abhängige Beschäftigung darstellt und damit der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterliegt – und bejahte diese Frage (Az. S 34 BA 58/18).

Und das höchste deutsche Sozialgericht, das Bundessozialgericht in Kassel, befand: Werden Ärzte in einem Krankenhaus als Honorarärzte tätig, sind sie in dieser Tätigkeit nicht als Selbstständige anzusehen. Vielmehr werden sie als Beschäftigte des Krankenhauses sozialversicherungspflichtig (Az. B 12 R 11/18 R).