Unter Korruptionsverdacht: Wann Ärzte keine Zuwendungen annehmen sollten (Teil II)
Dennis Janz LL.M.Das Anti-Korruptionsgesetz verbietet Ärzten, Vorteile für die eigene Person anzunehmen. Was Mediziner über den neuen § 299a StGB wissen sollten und an welchen Stellen besondere Gefahr droht, erläutert Dennis Janz, Steuerberater und Fachberater im ambulanten Gesundheitswesen (IHK), in unserer Serie.
Ärzte sollten Entscheidungen zugunsten des Patienten treffen und den Fokus dabei nicht auf den eigenen Vorteil legen. Das fordert nicht nur das moralische Verständnis des Durchschnittsbürgers, sondern auch der Gesetzgeber. Den Kern dieser Forderung gibt der Gesetzeswortlaut wieder:
§ 299a StGB Bestechlichkeit im Gesundheitswesen
Wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, im Kontext der Ausübung seines Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er
1. bei der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten,
2. bei dem Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind, oder
3. bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial
einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.”
Darüber, wie das Gesetz in der Praxis auszulegen ist, herrscht bei vielen Ärzten noch immer große Unsicherheit. Dabei ist die Frage, was der Gesetzgeber unter Bestechlichkeit bei Ärzten oder anderen Heilberuflern versteht, im Grunde einfach zu beantworten.
Unter Korruptionsverdacht geraten jene Heilberufler, die als Gegenleistung für bestimmte Tätigkeiten einen Vorteil für sich (oder einen Dritten) annehmen, fordern oder sich zusichern lassen. Zu diesen Tätigkeiten, für die es keine zusätzlichen Gegenleistungen geben darf, gehören unter anderem die Verordnung oder der Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln und Medizinprodukten und auch die Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial. Auch dürfen Dritte nicht in unlauterer Weise (Berufsordnung) bevorzugt werden. Vor allem beim letzten Punkt gibt es offenbar immer wieder Verständnisschwierigkeiten.
Wann genau ist also das Tatbestandsmerkmal in „unlauterer Weise“ erfüllt? Hierbei hilft ein Blick in die Berufsordnung. Die besagt, dass eine Bevorzugung unlauter ist, wenn sie geeignet ist, Mitbewerber durch die Umgehung von entsprechenden Wettbewerbsregelungen zu schädigen. Eine Bevorzugung, die dem Arzt berufsrechtlich erlaubt ist, kann also nicht unter Korruptionsverdacht geraten.
Die folgenden zwei Punkte der Berufsordnung sollten Ärzte dennoch wörtlich nehmen. Denn hier gibt es keinen Spielraum:
§ 31 Berufsordnung der Ärzte – Unerlaubte Zuweisung
(1) Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren.
(2) Sie dürfen ihren Patientinnen und Patienten nicht ohne hinreichenden Grund bestimmte Ärztinnen oder Ärzte, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringer oder sonstige Anbieter gesundheitlicher Leistungen empfehlen oder an diese verweisen.
§ 32 Berufsordnung der Ärzte – Unerlaubte Zuwendungen
(1) Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten oder anderen Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern oder sich oder Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Eine Beeinflussung ist dann nicht berufswidrig, wenn sie einer wirtschaftlichen Behandlungs- oder Verordnungsweise auf sozialrechtlicher Grundlage dient und der Ärztin oder dem Arzt die Möglichkeit erhalten bleibt, aus medizinischen Gründen eine andere als die mit finanziellen Anreizen verbundene Entscheidung zu treffen.
Die Ausnahmen: Was Ärzte als Geschenk annehmen dürfen
Ausnahmen gibt es allerdings auch. So dürfen Ärzte durchaus noch geldwerte Vorteile annehmen. Voraussetzung ist eine “angemessene Höhe”. Außerdem dürfen diese ausschließlich für berufsbezogene Fortbildung verwendet werden. Reisekosten und Tagungsgebühren für die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltung dürfen also als “Vorteil” gewährt werden. Alles, was darüber hinausgeht, ist verboten
Auch die Annahme von Geldern für die Durchführung von Veranstaltungen ist in einem gewissen Umfang erlaubt. Solches Sponsoring ist aber nur für die Finanzierung des wissenschaftlichen Programms ärztlicher Fortbildungsveranstaltungen erlaubt. Auch hier muss auf einen angemessenen Umfang geachtet werden. Außerdem sind das Sponsoring, dessen Bedingungen und Umfang bei der Ankündigung und Durchführung der Veranstaltung offenzulegen.
Was Ärzte nicht annehmen dürfen, weil es als Bestechung gilt
Hier noch zwei Beispiele für Zuwendungen, die die betroffenen Ärzte besser nicht angenommen hätten:
1) Ein niedergelassener Orthopäde und ein Facharzt für Radiologie betreiben gemeinsam noch eine „privatärztliche MRT-Zentrum GbR“. Nach dem Gesellschaftsvertrag erhält der Arzt für Orthopädie 15 % des MRT-Honorars, das auf Basis der von ihm zugewiesenen Patienten erwirtschaftet wird. Eine Befundungsleistung wird durch ihn nicht erbracht. Diese Vereinbarung ist unzulässig.
2) Ein Facharzt für Orthopädie und ein Facharzt für Radiologie betreiben eine „Vermietung GbR“, die CT und MRT gekauft und an den Radiologen weiter vermietet hat. Die Miete beträgt über die anzunehmende Gesamtlaufzeit 500 % der Beschaffungskosten. Auch diese Vereinbarung ist unzulässig.
Der Arzt kann eine Unrechtsvereinbarung selbst leicht identifizieren. Er muss sich im Grunde nur die folgende Frage stellen: „Schade ich mit der Vereinbarung möglicherweise einem anderen Berufskollegen oder anderen Mitbewerber im Gesundheitswesen?“ Wenn er für sich ganz objektiv diese Frage mit “Ja” beantworten muss, sollte er sich mit seinem Vorhaben bzw. bereits durchgeführten Handlungen an einen erfahrenen Rechtsanwalt für Medizinrecht halten. Denn der Vorwurf der Korruption schadet nicht nur dem Image, sondern kann im schlimmsten Fall im Gefängnis enden.