Dreister Praxisvermieter muss mehr als 400.000 Euro Schadenersatz zahlen
A&W RedaktionDass in Mietstreitigkeiten mit harten Bandagen gekämpft wird, ist nicht ungewöhnlich. Das Verhalten eines Praxisvermieters aus Bayern ging den Gerichten aber doch zu weit. Rekonstruktion eines hässlichen Verfahrens mit bemerkenswertem Ausgang.
Zweckmäßige und bezahlbare Praxisräume sind in guten Lagen oft Mangelware. Wer keine eigene Immobilie besitzt und sich auf dem Mietmarkt umsehen muss, hat daher ein reges Interesse, Verträge mit einer möglichst langen Laufzeit abzuschließen oder befristete Kontrakte regelmäßig zu verlängern.
So auch eine niedergelassene Zahnärztin aus Oberbayern. Sie hatte mit ihrem Vermieter einen Vertrag geschlossen, der unter anderem folgende Klausel enthielt: „Die Parteien beabsichtigen eine Verlängerung des vorliegenden Vertrages jeweils um weitere fünf Jahre (Option für vier mal fünf Jahre). Sofern der Mieter eine Verlängerung des Vertrages wünscht, ist dies dem Vermieter schriftlich mindestens sechs Monate vor Ablauf der Mietzeit mitzuteilen.“
Vermieter kündigt wegen Eigenbedarfs
Von dieser Option machte die Ärztin fristgerecht Gebrauch – allerdings ohne den gewünschten Erfolg. Denn ihr Vermieter kündigte daraufhin wegen Eigenbedarfs.
Die Zahnärztin sah angesichts dieses überraschenden Schritts keine andere Möglichkeit, als gegen die Kündigung zu klagen. Doch der Rechtsstreit eskalierte. Im Laufe des Verfahrens warf der Praxisvermieter ihr nicht nur vor, dass sie sich nicht an die Hausordnung halte und für die anderen Mieter unzumutbar sei. Ohne Beweise vorzulegen, trug er auch vor, dass sich die Praxisräume in schlechtem Zustand befänden, dass die Medizinerin exorbitant hohe Rechnungen stelle und dass sie Zahnbehandlungen in die Länge ziehe.
Nach diesen Entgleisungen kündigte die Frau den Mietvertrag fristlos und verklagte den Praxisvermieter auf Zahlung von Schadensersatz. Konkret verlangte sie Erstattung der Kosten für die Suche nach neuen Praxisräumen, den Umzug dorthin und für die Einrichtung der neuen Räumlichkeiten. Die Gesamtsumme belief sich auf 418.513,10 Euro, zusätzlich verlangte sie Ersatz von Anwaltskosten in Höhe von 4.623,03 Euro – und bekam vor dem Oberlandesgericht München Recht (Az. 32 U 1376/18)
Frechheit siegt nicht immer
Das Gericht befand: Ein Vermieter, der in einem Rechtsstreit – hier über die Wirksamkeit der Ausübung einer Option durch den Mieter – willkürlich Dinge behauptet, die keinen Bezug mehr zum Mietverhältnis haben, verletzt damit seine Rücksichtnahmepflicht aus dem Mietvertrag. Das kann den Mieter zur außerordentlichen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB berechtigen und einen Schadensersatzanspruch nach sich ziehen.
Hat der Vermieter zudem ein Mietverhältnis unberechtigterweise gekündigt und sich nicht an eine vertraglich eingeräumte Verlängerungsoption gehalten, liegt eine Pflichtverletzung vor, die ihn ebenfalls zum Schadensersatz verpflichtet.
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