Berufsunfähigkeitsversicherung: Wann Nachprüfungsverfahren für Ärzte gefährlich sind
Judith MeisterRund 2 % der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland sind berufsunfähig. Viele von ihnen beziehen eine Rente der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Noch. Denn Assekuranzen dürfen in regelmäßigen Abständen sogenannte Nachprüfungsverfahren durchführen, um sich über den aktuellen Zustand ihrer Kunden zu informieren. Für die Betroffenen ist das riskant.
Ob nach einem Schlaganfall, wegen eines Bandscheibenleidens oder aufgrund psychischer Probleme: Ärztinnen und Ärzte, die wegen gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr praktizieren können, müssen bei ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung eine Rente beantragen, detaillierte Angaben zu ihrem Gesundheitszustand machen und entsprechende Atteste beibringen.
Die Versicherungsgesellschaft prüft auf Basis dieser Daten, ob dem Arzt oder der Ärztin eine Rente zusteht. Doch selbst wenn am Ende dieser sogenannten Erstprüfung eine Bewilligung steht, bedeutet das noch lange nicht, dass sich die Betroffenen dauerhaft auf die Zahlungen ihrer Versicherung verlassen können.
Schuld daran sind die sogenannten Nachprüfungsverfahren. Versicherungen dürfen in regelmäßigen Abständen eruieren, ob ein Kunde, der BU-Leistungen bezieht, tatsächlich noch berufsunfähig ist. Anders als im Erstprüfungsverfahren trifft bei der Nachprüfung die Gesellschaften die Beweislast. Wollen sie die Rente streichen, müssen sie daher belegen, dass der Arzt oder die Ärztin wieder in ihrem alten Job einsetzbar ist.
Dennoch treffen auch die Versicherten diverse Pflichten, sich an einem solchen Verfahren zu beteiligen.
Was beim Nachprüfungsverfahren gefordert werden darf
Normalerweise beginnt ein Nachprüfungsverfahren mit einem Ankündigungsschreiben der Assekuranz. Vielfach ist diesem auch schon ein Fragebogen beigelegt, den der Arzt oder die Ärztin ausfüllen soll.
Zudem enthält das Schreiben meist die Aufforderung, aktuelle Atteste vorzulegen, damit die Versicherung den Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Leistungsbewilligung mit dem aktuellen Beschwerdebild vergleichen kann.
Das Zusammenstellen der geforderten Unterlagen ist für die Versicherten oft belastend – erst recht, wenn dafür neue Untersuchungen erforderlich sind. Dennoch tun Ärzte gut daran, im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens mit der Versicherung zu kooperieren. Denn wer zumutbare Untersuchungen oder ohne nachvollziehbaren Grund eine erfolgversprechende Therapie verweigert, riskiert, dass die Gesellschaft die Leistungen kürzt oder die Zahlungen ganz einstellt.
Wann die Versicherung die Zahlung der BU-Rente einstellen darf
Auch wenn sich ein Kunde ordnungsgemäß am Nachprüfungsverfahren beteiligt, besteht die Gefahr, dass die Versicherung nach dessen Abschluss die Leistungen einstellt. Die Hürden dafür sind allerdings hoch. Die Gesellschaft muss in diesem Fall nachvollziehbar begründen, warum der Arzt wieder fähig ist, seinen angestammten Beruf auszuüben. Dafür gilt es, den Gesundheitszustand bei der Bewilligung der Rente mit dem jetzigen Zustand zu vergleichen.
Allein die Tatsache, dass es dem Kunden heute besser geht als damals, reicht allerdings nicht, um die BU-Rente zu kappen. Vielmehr hat der Versicherer nun noch eine sogenannte berufsbezogene Betrachtung durchzuführen. Zudem muss die Versicherung die Erkenntnisse aus dem Nachprüfungsverfahren in einer formell ordnungsgemäßen Änderungsmitteilung an den Kunden schicken. Ohne ein solches Schreiben ist selbst eine vollständige Genesung rechtlich irrelevant.
Erfreulich aus Sicht der Kunden ist dabei, dass die Gerichte an dieses Schreiben sehr hohe Anforderungen stellen. Sie verlangen insbesondere, dass die Mitteilung den betroffenen Kunden in die Lage versetzt, sein Prozessrisiko abzuschätzen, wenn er die Versicherung verklagen will, um weiterhin eine Rente zu erhalten. Damit ist das Schreiben ein wichtiges Einfallstor, um das Ergebnis eines Nachprüfungsverfahrens rechtlich anzufechten.