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Sozialrecht

Wird die Gesellschafterin einer Gemeinschaftspraxis wie eine Mitarbeiterin behandelt, werden sämtliche Einnahmen der Praxis gewerbesteuerpflichtig. Das hat das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 26. November 2021 entschieden (Az.: 1 K 1193/18 G,F).

Gemeinschaftspraxis verliert Gewerbesteuerfreiheit

Geklagt hatte eine ärztliche Gemeinschaftspraxis, die an zwei Standorten mit der Fachrichtung Augenheilkunde tätig war. Die Ärztin, um die es in dem Streitfall ging, war allein am zweiten Standort tätig. Sie hatte eine Vereinbarung unterschrieben, nach der alle Gesellschafter ihren Beruf unabhängig und in eigener Verantwortung ausüben sollten. Jedes Weisungsrecht wurde in dem Vertrag ausgeschlossen. Eine Vereinbarung über Geschäftsanteile und Gewinnbeteiligung fehlte.

Dies wurde vom Finanzamt nach einer Betriebsprüfung moniert. Die Ärztin sei zwar zivilrechtlich eine Gesellschafterin, aber steuerrechtlich keine Mitunternehmerin. Sie sei nicht an stillen Reserven und nicht am Goodwill der Gesellschaft beteiligt. Zudem trage sie nur ein geringes Maß am Mitunternehmerrisiko, da sie auch nicht an den Verlusten beteiligt werde. Sie schließe Behandlungsverträge im Namen der Gemeinschaftspraxis ab und erziele Honorareinnahmen zugunsten der verbleibenden Gesellschafter. Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG seien deren Einkünfte deshalb als gewerblich einzustufen.

Nachträgliche Gewinnbeteiligung reicht nicht aus

Auch die spätere Vereinbarung einer zusätzlichen Gewinnbeteiligung änderte die Ansicht des Finanzamts nicht, da sich diese nur am Gewinn der zweiten Niederlassung und nicht am Ergebnis der gesamten Gesellschaft orientierte.

Das Finanzamt unterwarf die Gemeinschaftspraxis der Gewerbesteuerpflicht, wogegen diese klagte. Allerdings erfolglos, das Finanzgericht Münster bejahte eine Gewerbesteuerpflicht.

Begründung: Die Ärztin sei nicht am laufenden Gewinn der GbR beteiligt. Vielmehr habe die zwischen den Altgesellschaftern und ihr getroffene Vereinbarung den Charakter eines fixen (Arbeits-)Entgeltes. Daran ändere auch der später vereinbarte „zusätzliche Gewinnanteil“ in Höhe von 10.000 EUR nichts. Bei diesem pauschalen Betrag handle es sich vielmehr um eine Gratifikation und nicht um eine Gewinnbeteiligung. Ein Zusammenhang mit einem besonderen wirtschaftlichen Erfolg sei nicht erkennbar.

Beschränkung des Mitunternehmerrisikos

Ihre Einnahmen blieben unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg auf den Anteil von 10 v.H. ihrer Honorarumsätze begrenzt. Sie nahm – im Gegensatz zu den Altgesellschaftern – damit nicht an den (gesamten) Gewinnchancen der Gemeinschaftspraxis teil. Eine Beschränkung des Mitunternehmerrisikos sahen die Richter auch dadurch bestätigt, dass die Ärztin nicht an den stillen Reserven der Gemeinschaftspraxis beteiligt war.

Wie die Richter entschieden, gilt die Gemeinschaftspraxis gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nun in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, da Gesellschafter eine freie Mitarbeiterin beschäftigt und mit ärztlichen Aufgaben betraut haben. Insoweit waren sie nicht mehr eigenverantwortlich tätig.