BGH bestätigt Verurteilung von Apotheker und Ärzten wegen Abrechnungsbetrugs
A&W RedaktionEin Apotheker und zwei Ärzte sind wegen Abrechnungsbetrugs zu Freiheitsstrafen verurteilt worden. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Verurteilten jetzt abgeschmettert.
Das Landgericht Hamburg hatte im März 2019 einen Apotheker und zwei Ärzte wegen mehrfachen – teils banden- und gewerbsmäßig begangenen – Abrechnungsbetrugs zu Freiheitsstrafen von jeweils drei Jahren und sechs Monaten, zehn Monaten und sechs Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafen der beteiligten Ärzte wurden zur Bewährung ausgesetzt. Auch finanziell tat das Urteil den Angeklagten sicherlich weh: Es wurde die Einziehung von rund eineinhalb Million Euro angeordnet, die als Erträge aus den Betrugstaten angesehen wurden.
Was den Angeklagten vorgeworfen wird
Laut Anklage wollte der Apotheker Z. ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) erwerben, um sich über Verordnungen durch die dortigen Ärzte neue Absatzquellen für von ihm hergestellte hochpreisige Medikamente zu erschließen. Dass die Beteiligung von Apothekern an einem MVZ nicht erlaubt ist (§ 95 Abs. 1a SGB V), war ihm bewusst. Um dieses Beteiligungsverbot zu umgehen, suchte er nach einem zugelassenen Arzt als “Strohmann” und fand diesem in dem Angeklagten D. Über den Arzt erwarb er Mehrheitsanteile an einem im Mai 2012 zur kassenärztlichen Versorgung zugelassenen MVZ. Dr. F., der im MVZ weiterhin als ärztlicher Leiter tätig war, wusste um die “Strohmann”-Konstruktion.
Obwohl allen Angeklagten also bewusst war, dass das MVZ unter diesen Umständen nicht mehr berechtigt war, ärztliche Leistungen bei der KV Hamburg abzurechnen, wurden 2014 und 2015 insgesamt fünf Quartalsabrechnungen eingereicht. Die KV zahlte fast eineinhalb Millionen Euro an das MVZ aus. Dazu kamen noch rund 150.000 Euro von der Techniker Krankenkasse, die der Apotheker auf Basis ärztlicher Verordnungen des MVZ in Rechnung stellen konnte – was rechtlich so natürlich auch nicht in Ordnung war.
BGH weist Revision ab
Schwere Vorwürfe – denen Ärzte und Apotheker offenbar nicht viel entgegensetzen konnten. Vom Bundesgerichtshof wurde ihre Revision gegen die Hamburger Urteile am 19. August 2020 jedenfalls als unbegründet verworfen. Vielmehr hat der BGH die Wertung des Landgerichts, dass es sich bei der Einreichung der Abrechnungen um Verschleierung des Beteiligungsverbots handelt, nochmal bestätigt.
Zugleich wurden die Schuldsprüche aber abgeändert, da das Landgericht laut BGH-Urteil “die Tatbeiträge der Angeklagten und das konkurrenzrechtliche Verhältnis der Taten zueinander nicht durchweg rechtlich zutreffend bestimmt hat”. Somit sind die Strafaussprüche aufgehoben und die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen. Zudem muss über die Höhe der Einziehung neu entschieden werden, da laut BGH bisher nicht berücksichtigt worden ist, dass dem MVZ im Zusammenhang mit der an sich sachgemäßen Krankenbehandlung berücksichtigungsfähige Aufwendungen entstanden sein könnten (Urteil vom 19. August 2020, Az.: 5 StR 558/19).