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Recht

Streit um Impfungen gibt es nicht erst seit der Corona-Krise. Das belegt ein aktuelles Urteil des Bundessozialgerichts. Die Kasseler Richter mussten klären, wer die Kosten zu tragen hat, wenn Impfstoff in einer Arztpraxis schlecht wird.

Im konkreten Fall ging es um eine Kinderarztpraxis in Magdeburg. Die dort tätigen Pädiater verabreichten Woche für Woche Impfstoffe im Wert von 12.000 Euro an ihre kleinen Patienten. An einem Montag im März 2014 stellte das Praxispersonal allerdings fest, dass der Kühlschrank die Seren über das Wochenende zu stark gekühlt hatte. Schuld war ein defektes Relais. Es hatte die Temperatur auf minus fünf statt auf die gewünschten vier bis acht Grad gesenkt.

Der Impfstoff war dadurch unbrauchbar geworden und musste vernichtet werden. Die Ärzte der Gemeinschaftspraxis besorgten neuen Impfstoff und verabreichten diesen, auf Kosten der Kassen, an ihre Patienten. Die Krankenkassen nahmen sie daraufhin für den fehlerhaft gekühlten und vernichteten Impfstoff in Regress und verlangten insgesamt 24.394 Euro zurück. Die für die Wirtschaftlichkeitsprüfung zuständigen Gremien bestätigten die Forderung.

Die Praxisführung wollte das nicht hinnehmen und zog vor Gericht. Am Ende allerdings erlitt sie eine Niederlage.

Risiko der Lagerung trägt die Praxis

Bereits die erste Instanz, das Sozialgericht Magdeburg, kam zu dem Ergebnis, dass die Praxis die Seren unsachgemäß verbraucht habe. Die Vernichtung des verordneten Impfstoffes anstelle der zweckentsprechenden Verwendung sei ein unwirtschaftliches Verordnungsverhalten. Zudem trage die Praxis das Risiko der Lagerung und der bestimmungsgemäßen Verwendung.

Diese Auffassung bestätigte im Ergebnis auch das Bundessozialgericht. Den Kasseler Richtern zufolge ist der Regress zu Recht gegen die kinderärztliche Berufsausübungsgemeinschaft festgesetzt worden, da die ersatzweise Verordnung des Impfstoffs unwirtschaftlich und damit unzulässig war. Für diese Annahme sei es ausreichend, dass der Schaden aufgrund einer Fehlfunktion eines Geräts in den Praxisräumen eingetreten sei.

Kein Fall von höherer Gewalt

Zwar lassen sich technische Fehler eines Arzneikühlschranks nie vollständig ausschließen. Der Betreiber der Praxis könne das Risiko aber minimieren. Durch Auswahl, Wartung und Überwachung der Praxisausstattung lasse sich die Gefahr von Sachschäden so gering wie möglich halten. Eine abweichende Beurteilung könne lediglich geboten sein, wenn ein Fall höherer Gewalt (insbesondere bei Naturereignissen) vorliege, gegen den regelmäßig keine planbaren Vorkehrungen möglich seien. Eine solche Konstellation aber verneinte das Gericht im konkreten Fall (BSG, Az: B 6 KA 14/21 R).