Generationswechsel: Familiendeal mit Steuerbonus: Praxis verschenkt, lebenslange Rente gesichert
Dr. jur. Alex JanzenDie Übergabe der eigenen Praxis an die nächste Generation kann steuerlich attraktiv gestaltet werden. Der Trick: Praxisinhaber verschenken die Praxis an ihr Kind und erhalten dafür eine lebenslange Rente. Dieses Modell bietet beiden steuerliche Vorteile.
Wer weiß, wie, kann das Steuerrecht zu seinen Gunsten nutzen. Vor allem für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, die ihre Praxis an ihr Kind übergeben möchten, gibt es eine steuerlich attraktive Möglichkeit. Denn unter bestimmten Voraussetzungen können Betriebsvermögen wie Arztpraxen gegen die Zahlung von lebenslangen Versorgungsleistungen (Leibrenten) steuerneutral an Kinder übertragen werden. Eine solche Übertragung bietet sich als ein Baustein in der vorweggenommenen Erbfolge von Ärztinnen und Ärzten an, da sie bei dem Übergeber nicht zu einem Veräußerungspreis und bei dem Übernehmer nicht zu einer Aufdeckung von stillen Reserven führt, die wiederum eine Steuerbelastung auslösen würde.
Schenkung gegen Leibrente: So kann es mit der Arztpraxis funktionieren
Die Wirkungsweise kann am besten am folgenden Beispiel illustriert werden: Ein 70-jähriger Praxisinhaber plant, seine Arztpraxis an seine approbierte Tochter zu übertragen. Er könnte einerseits seine Praxis an die Tochter veräußern. Dies würde bei ihm jedoch zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn führen, der im Jahr der Praxisveräußerung zusammen mit seinen übrigen Einkünften zu versteuern wäre. Das Ergebnis wäre eine zusammengeballte zusätzliche steuerliche Belastung.
Andererseits könnte der Praxisinhaber die Arztpraxis auch an seine Tochter verschenken. Die Schenkung führt zu keinem Veräußerungsgewinn, der der Einkommensteuer unterliegt. Zudem ist die Schenkung an die Tochter bis zu einer Summe von 400.000 Euro von der Schenkungssteuer befreit.
Um die Belastung mit der Einkommensteuer zu vermeiden, kann der Praxisinhaber seine Praxis also unentgeltlich – jedoch gegen die Zahlung von lebenslangen Versorgungsleistungen – übertragen. Die Schenkungssteuerfreiheit für die Praxisübertragung kann dadurch erreicht werden, indem die Steuerbefreiungen für die Übertragung vom Betriebsvermögen, zum Beispiel nach §§ 13a, 13b ErbStG, in Anspruch genommen werden.
Wann eine steuerneutrale Übertragung der Arztpraxis möglich ist
Während es früher möglich war, jegliches Betriebsvermögen gegen die Zahlung einer Leibrente steuergünstig zu übertragen, ist diese Übertragung heute nur noch in bestimmten Fällen möglich. Zum einen können Mitunternehmeranteile an einer Personengesellschaft, zum Beispiel an einer Berufsausübungsgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR), steuergünstig gegen die Zahlung einer Leibrente übertragen werden.
Zum anderen erlaubt das Gesetz die steuerbegünstigte Übertragung von Betrieben oder Teilbetrieben, zum Beispiel von Arztpraxen oder von organisatorisch und funktionell abgesonderten Teilen von Arztpraxen, gegen Leibrentenzahlungen.
Als die dritte und die letzte Möglichkeit sieht das Gesetz die Übertragung von Anteilen an einer GmbH vor, zum Beispiel an einer Ärzte-GmbH, wenn folgende Punkte zutreffen: Es werden mindestens 50 Prozent der GmbH-Anteile übertragen. Der Anteil-Übergeber war zuvor als Geschäftsführer der GmbH tätig und gibt diese Funktion im Rahmen der Übergabe der GmbH-Anteile komplett auf.
So muss ein Schenkungsvertrag gestaltet sein
Die zentrale Grundlage einer Praxisübergabe gegen die Zahlung einer Leibrente stellt ein sorgfältig durchdachter und konzipierter Schenkungsvertrag dar. In unserem Beispielsfall, wenn die Arztpraxis an Familienangehörige übergeben wird, muss der betreffende Schenkungsvertrag strenge Kriterien erfüllen, um von der Finanzverwaltung auch anerkannt zu werden. So muss der Vertrag fremdüblich gestaltet sein – also so, als ob er für einen fremden Dritten gedacht ist. Voraussetzung dafür ist: Er muss schriftlich niedergelegt sein, der Gegenstand der Schenkung muss zweifelsfrei beschrieben und die konkreten Versorgungsleistungen müssen genau fixiert werden.
Der Schenkungsvertrag sollte auch sorgfältig ausgearbeitete und formulierte Klauseln enthalten, nach denen ein Widerruf der Schenkung möglich wäre. Zu beachten ist hier, dass das deutsche Schenkungssteuerrecht nur dann einen steuerunschädlichen Widerruf und eine Rückabwicklung einer Schenkung anerkennt, wenn im Schenkungsvertrag ein konkreter Widerruf der Schenkung in einem bestimmten und vertraglich klar geregelten Fall vereinbart worden ist.
Negative Steuerfolgen bei unpräziser Vertragsgestaltung
Wenn nicht, hat das steuerlich unvorteilhafte Folgen, wie folgendes Beispiel zeigt: Würde die Tochter aus unserem Beispielfall eine Krankenhausleitung übernehmen und könnte nebenher die Praxis nicht mehr betreiben, könnte sie ihrem Vater die Praxis wieder unentgeltlich zurückübertragen. In diesem Fall würde das deutsche Schenkungssteuerrecht die Rückübertragung aber als eine andere schenkungssteuerpflichtige Schenkung qualifizieren – dieses Mal von der Tochter an ihren Vater.
Diese Schenkung würde nicht mehr wie die unentgeltliche erste Praxisübertragung vom Vater auf die Tochter der günstigen Schenkungssteuerklasse I unterliegen, sondern mit der ungünstigen Schenkungssteuerklasse II besteuert werden, die das Gesetz bei Schenkungen von Kindern an ihre Eltern zwingend vorschreibt. Während die Schenkungssteuerklasse I bei Schenkungen an Kinder einen Schenkungssteuerfreibetrag von 400.000 Euro und den Eingangssteuersatz von sieben Prozent vom schenkungssteuerpflichtigen Erwerb vorsieht, beschränkt das Gesetz den Schenkungssteuerfreibetrag bei der Schenkungssteuerklasse II (gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG) auf lediglich 20.000 Euro und erhöht den Eingangssteuersatz auf 15 Prozent.
Wie es nach Übertragung steuerlich weitergeht
Ist eine Arztpraxis zivil- und steuerrechtlich gegen eine Leibrentenzahlung wirksam übertragen worden, müssen die Wirtschaftsgüter der Praxis mit ihren Buchwerten fortgeführt werden. Das heißt: Die Tochter kann die Arztpraxis steuerneutral weiterführen. Auch bei ihrem Vater entsteht durch die unentgeltliche Übergabe kein Veräußerungsgewinn. Obwohl die Tochter an ihren Vater als eine Gegenleistung für die Praxisübergabe Versorgungsleistungen erbringen muss, hindert das nicht die steuerneutrale unentgeltliche Praxisübergabe. Sowohl für die Tochter als auch für ihren Vater bringt die gesetzeskonforme und vertraglich gut gestaltete Übertragung der Arztpraxis gegen die Leibrentenzahlung also keine steuerschädlichen Folgen mit sich.
Weitere Steuervorteile dieses Übertragungsmodells
Nach der Übernahme der Arztpraxis erzielt die Tochter als niedergelassene Ärztin laufende Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Diese Einkünfte werden dadurch gemindert, indem die Tochter die Leibrentenzahlungen an ihren Vater als Sonderausgaben geltend machen kann.
Wichtig ist dabei, dass die Leibrentenzahlungen und korrespondierend die Sonderausgaben der Höhe nach nicht begrenzt sind, sofern die Leibrentenzahlungen aus den Praxiserträgen bestritten werden können.
Der Praxisübergeber erzielt gemäß § 22 Nr. 1a EStG sonstige Einkünfte, die er mit seinem persönlichen Einkommensteuersatz versteuern muss. Da die Einkommensteuerbelastung progressiv gestaltet ist, können Leibrentenzahlungen dafür sorgen, dass die Tochter steuerlich stärker entlastet wird, wenn sie mit ihren Einkünften in die Nähe des Spitzensteuersatzes kommt, sofern bei ihrem Vater die Einkommensteuerbelastung insgesamt unter dem Spitzensteuersatz bleibt.