Wenn der Praxisinhaber verstirbt: Wichtige Tipps für die Erben
Dennis Janz LL.M.Wenn der Praxisinhaber plötzlich und unerwartet verstirbt, haben die Erben zahlreiche Belange zu erledigen und zu klären, leider auch in Bezug auf die Arztpraxis. Steuerberater Dennis Janz LL.M., zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht und Fachberater im ambulanten Gesundheitswesen (IHK), gibt einen kurzen steuerrechtlichen Überblick.
Zulassungsrechtliche Hinweise:
Die Auswahl des Praxisnachfolgers richtet sich nach § 103 Abs. 4 S. 4 ff. SGB V sowie Abs. 5 S. 3 SGB V. Der Zulassungsausschuss hat unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (§ 103 Abs. 4 S. 4 SGB V).
Bei der Auswahl der Bewerber sind die in § 103 Abs. 4 S. 5 SGB V gelisteten Auswahlkriterien zu berücksichtigen. Zusätzlich bestimmt § 103 Abs. 5 S. 3 SGB V, dass die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen ist (vgl. aktuell LSG Nordrhein-Westfalen 19.12.2018 – L 11 KA 86/16).
Gründe für ein Nachbesetzungsverfahren
Anlass für ein Nachbesetzungsverfahren besteht dann, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll. Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Zulassungsgremien über die Erteilung einer Zulassung im Nachbesetzungsverfahren ist § 103 Abs. 4 SGB V.
Gesetzliches Ziel der Ausschreibung eines frei gewordenen Vertragsarztsitzes und dessen Nachbesetzung ist die “Fortführung” der Praxis (häufig in Gestalt einer Einzelpraxis). Deshalb kann nach ständiger Rechtsprechung die Ausschreibung und Nachbesetzung nur so lange erfolgen, wie das Praxissubstrat vorhanden ist.
Was in überversorgten Planungsbereichen passiert
In überversorgten Planungsbereichen ist aufgrund angeordneter Zulassungsbeschränkungen ein Hinzutreten weiterer Vertragsärzte grundsätzlich ausgeschlossen. Nach der gesetzlichen Konzeption ist in diesen Planungsbereichen auch die Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen im Grundsatz unerwünscht.
Probleme für die Erben der Arztpraxis
Der Gesetzgeber lässt es mit der in § 103 Abs. 4 SGB V getroffenen Regelung gleichwohl zu, dass ein bestehender, für die Versorgung nicht erforderlicher Vertragsarztsitz nachbesetzt werden kann. Damit berücksichtigt er die finanziellen Interessen des bisherigen Praxisinhabers bzw. seiner Erben. Diese würden anderenfalls wegen der fehlenden Verwertungsmöglichkeit der Arztpraxis erhebliche Nachteile erleiden.
Da eine Arztpraxis typischerweise nicht veräußert werden kann, wenn der Erwerber den mit ihr verbundenen Sitz nicht erhält, bedarf es der Zulassung des Erwerbers. Veräußerbar ist jedoch nicht der Vertragsarztsitz, sondern die Arztpraxis.
Soweit die Gefahr bestand, dass sich das Praxissubstrat infolge der Einlegung von suspendierenden Rechtsbehelfen zunehmend verflüchtigt, hat das BSG den maßgeblichen Zeitpunkt neu fixiert. Danach genügt es, wenn im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Ausschreibung des Sitzes durch die Kassenärztliche Vereinigung eine fortführungsfähige Praxis bestanden hat.
Steuerrechtliche Hinweise:
Der Tod eines freiberuflichen Arztes führt nicht zwangsweise zur Betriebsaufgabe der Praxis. Das Praxisvermögen des verstorbenen Arztes geht durch den eingetretenen Erbfall nicht in das Privatvermögen des jeweiligen Erben über, sondern es wird ggf. gewerbliches Betriebsvermögen.
Der jeweilige Erbe tritt somit zunächst in die Rechtsstellung des Erblassers ein (sog. Fussstapfentheorie). Er erzielt insoweit noch Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit i.S.d. § 18 EStG, als das die Einkünfte dem Erben aufgrund einer Tätigkeit des Erblassers zugeflossen sind. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmen-Überschuss-Rechnung) beschränken sich diese erzielten Einkünfte auf die Einziehung von Forderungen des Erblassers.
Einkünfte, die nach der Praxisveräußerung oder -aufgabe dem Erben aus dieser zufließen, und die noch dem Erblasser zuzurechnen sind, werden nach § 24 Nr. 2 EStG – als nachträgliche Einnahmen – erfasst. Ansonsten kann der Erbe, der nicht die Berufsvoraussetzungen erfüllt, keine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in seiner Person erzielen.
Spezialfall Erbengemeinschaft
Werden mehrere Erben zu einer Erbengemeinschaft, ohne dass alle die erforderliche Berufsqualifikation inne haben, sind sie vom Erbfall an als gewerbliche Mitunternehmer anzusehen, da Berufsfremde anteilmäßig beteiligt sind. Besteht die erbrechtliche Bereicherung für die Erbengemeinschaft in einem Gesellschaftsanteil, so ist die steuerliche Behandlung grundsätzlich danach zu beurteilen, ob das Gesellschaftsverhältnis mit dem Todesfall erloschen ist bzw. welche Regelungen der Gesellschaftsvertrag vorsieht.
Wenn die Praxis verkauft wird
Wenn der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft die wesentlichen Praxisgrundlagen veräußert, ist eine steuerbegünstigte Betriebsaufgabe anzunehmen. Ein hierbei entstandener Veräußerungsgewinn kann den Erben bereits dann (steuerlich) zugerechnet werden, wenn der Erblasser nach Abschluss des Veräußerungsvertrags verstirbt, und der Vertrag dinglich durch die Erben erfüllt wird. Zu beachten ist allerdings, dass wenn im Gesellschaftsvertrag ein Abfindungsanspruch im Todesfalle vereinbart wird, der Veräußerungsgewinn zunächst dem Erblasser zusteht.
Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass wenn die jeweiligen Erben die Tätigkeit kraft eigener beruflicher Qualifikation fortführen, diese wie der Erblasser in seiner Person selbst Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erzielen. Die Buchwerte werden dann rechtssystematisch nach § 6 Abs. 3 EStG weitergeführt (keine Aufdeckung von sog. Stillen Reserven).
Gewerbliche Einkünfte entstehen jedoch bei der Fortführung durch berufsfremde Erben. Dieses ist auch dann anzunehmen, wenn die Praxis im Auftrag der Erben von einer qualifizierten Fachkraft verwaltet wird. Wichtig ist hierbei, dass in der Verwaltung keine Betriebsaufgabe zu sehen ist, selbst nicht bei einer längeren Zeit, in der der Rechtsnachfolger im Begriff ist, die für die beabsichtigte Praxisfortführung erforderliche Qualifikation in seiner Person zu erlangen.