Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Erbrecht

Der Volksmund geht es pragmatisch an. „Alles verlebt und nichts verschenkt, das ist das beste Testament.“ Diese Weisheit hat einen ganz eigenen Charme. Wer jedoch Wert darauf legt, zumindest Teile seiner Habe der Nachwelt zu hinterlassen, der kommt um ausgefeiltere Regeln nicht herum. Das gilt umso mehr, weil im Fall einer Erbschaft auch der Fiskus die Hand aufhält.

Berater empfehlen daher oft, Teile des Vermögens schon zu Lebzeiten an die künftigen Erben zu verschenken. Eine solche „vorweggenommene Erbfolge“ kann auch für Ärzte Sinn ergeben. Und zwar aus mehreren Gründen.

Wer großzügig plant, hält das Finanzamt klein

Grundsätzlich fallen auf Schenkungen und Erbschaften dieselben Steuern an. Allerdings gelten gerade innerhalb der Familie relativ üppige Freibeträge – und die lassen sich, bei vorausschauender Planung gleich mehrfach nutzen.

Alle zehn Jahre können Ärzte daher, je nach Verwandtschaftsgrad, recht üppige Summen übertragen, ohne dass das Finanzamt beteiligt werden muss.

  • 500.000 Euro sind für den Ehepartner oder eingetragenen Lebenspartner steuerfrei – ob die Summe durch Erbschaft oder Schenkung übergeht, ist egal.
  • 400.000 Euro sind für Kinder und Stiefkinder steuerfrei.
  • 200.000 Euro sind für Enkel steuerfrei.
  • 100.000 Euro sind für Eltern und Großeltern steuerfrei, allerdings nur im Erbfall. Bei Schenkungen ist der Freibetrag deutlich niedriger: Er liegt nur bei 20.000 Euro.

Ist das Gros des Familienvermögens in Immobilien gebunden, bieten sich lebzeitige Übertragungen auch deshalb an, weil die Erbschaftsteuer dann mitunter so hoch ist, dass der oder die Erben den Nachlass verkaufen müssten, um ihre Schulden beim Finanzamt zu zahlen. Die peu-à-peu-Übertragung mit warmen Händen kann das verhindern.

Zuguterletzt können (rechtzeitig) vorgenommene Schenkungen auch unliebsame Verwandte ausbremsen: Wer sicherstellen will, dass vom eigenen Tod nur die beiden Lieblingstöchter, nicht aber der missratene Sohn profitieren, kann durch Schenkungen zu Lebzeiten im Idealfall den Nachlass und damit den gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtteil verringern, den der in Ungnade gefallene (und enterbte) Sprössling in jedem Fall verlangen kann.

Mit Netz und doppeltem Boden

Alle diese Motive sind nachvollziehbar – und doch sollten Ärzte sehr genau überlegen, ob und in welchem Umfang sie sich bereits lebzeitig von ihrer Habe trennen. Denn wer den Löwenanteil des eigenen Vermögegens aus der Hand gibt, ohne ausreichend Rücklagen für sich selbst zu behalten, erlebt oft böse Überraschungen. Die größte Gefahr: Bei allzu üppigen Übertragungen fehlen womöglich im Alter die Mittel, um so zu leben, wie man es sich vorgestellt hat. Und  auch die Hilfsbereitschaft von Kindern gegenüber Eltern, von denen nicht mehr viel zu holen ist, wird oft überschätzt.