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Erbrecht

Auch wenn der eine oder andere Erbe es sich wünschen würde: Eine zentrale Anlaufstelle, die Hinterbliebene beim Umgang mit ihrem Erbe unterstützt, gibt es in Deutschland nicht. Anders als vielfach angenommen, sind die Nachlassgerichte daher nicht für die gesamte Abwicklung einer Erbschaft zuständig, sondern haben nur sehr klar umrissene Zuständigkeiten.

Zu nennen sind insbesondere

  •  Erteilung des Erbscheins (§§ 2353 ff. BGB),
  • die Verwahrung von Testamenten,
  •  die Eröffnung von Testamenten und Erbverträgen,
  • die Entgegennahme von Erklärungen (zum Beispiel, wenn ein Erbe die Erbschaft ausschlägt oder ein Testament anficht),
  • die Bestellung eines Nachlasspflegers und
  • die Ernennung und Entlassung von Testamentsvollstreckern.

Das zuständige Nachlassgericht ist dabei das Gericht am letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verstorbenen. Doch gilt das auch, wenn der Erblasser in einem Hospiz verstorben ist?

Nachlassgericht: Entscheidend ist der Daseinsmittelpunkt

Das Kammergericht (KG) Berlin hat diese Frage verneint (Az.: 1 AR 1020/20). Der Aufenthalt in einem Hospiz begründet keinen gewöhnlichen Aufenthalt. Im konkreten Fall wurde die Erblasserin nach einem Krankenhausaufenthalt in eine sogenannte Beatmungs-WG entlassen. Ihre Wohnung behielt die Patientin dennoch bei, da erst nach drei Monaten entschieden werden sollte, ob eine Rückkehr dorthin möglich sei.

Dazu kam es jedoch nicht mehr.  Nach einem erneuten Krankenhausaufenthalt wird die Frau in eine Palliativpflege aufgenommen, wo sie am nächsten Tag stirbt. Nach ihrem Tod stellte sich nun die Frage, welches Gericht für ihre Nachlassangelegenheiten zuständig ist? Ist es das Gericht an dem Ort, wo ihre Wohnung lag, oder das am Ort des Hospizes gelegene?

Für die Berliner Richter war die Antwort klar: Zuständig ist das Gericht am Ort der Wohnung der Frau. Maßgeblich sei nicht der schlichte Aufenthalt der Person, sondern der gewöhnliche Aufenthalt. Damit sei der Ort gemeint, an dem der Schwerpunkt der Bindungen einer Person und damit ihr Daseinsmittelpunkt liege. Der vorübergehende Aufenthaltswechsel habe den tatsächlichen Lebensmittelpunkt der Erblasserin, die auch über soziale Beziehungen verfügte, unberührt gelassen. Wird die bisherige Niederlassung – wie hier – nicht aufgehoben, setzt die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts voraus, dass dieser auf einige Dauer hin angelegt ist.