Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Erbrecht
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Eine durchdachte Nachfolgeplanung bei Ärztinnen und Ärzten kann gar nicht überschätzt werden. Gleichwohl scheuen sich viele davor, ein Testament aufzustellen. Dies ist zwar psychologisch verständlich, birgt jedoch für die Arztpraxis und das Vermögen nach dem Ableben eines Praxisinhabers gewaltige Risiken. Diese kumulieren sich zudem, wenn die gesetzliche Erbfolge für eine Praxisinhaberin oder einen Praxisinhaber aufgrund der beruflichen und familiären Situation nicht passt. 

Problematiken der gesetzlichen Erbfolge bei Ärztinnen und Ärzten

Das folgende Beispiel mag die Problematiken der gesetzlichen Erbfolge verdeutlichen. Nehmen wir an, ein niedergelassener Vertragsarzt verstirbt, ohne ein Testament oder einen Erbvertrag zu hinterlassen. Seine Frau und ein Kind sind ebenfalls Ärzte, während das andere Kind Architekt ist. Mangels einer Verfügung von Todes wegen greift hier die gesetzliche Erbfolge. Die Miterben des gesamten Vermögens des verstorbenen Arztes werden zu 50 Prozent seine Ehefrau und zu je 25 Prozent seine beiden Kinder. Doch nur zwei Miterben sind Berufsangehörige. Das heißt: Die Praxis muss nun zum einen von Gesetzes wegen als Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) beziehungsweise als eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) geführt werden, zum anderen erzielt sie gewerbliche Einkünfte.    

Bestehen zwischen den drei Miterben Unstimmigkeiten, wird die Führung der Arztpraxis rechtlich und faktisch blockiert, da das Gesetz nach § 714 BGB für Gesellschafterbeschlüsse in einer GbR die Zustimmung aller Gesellschafter voraussetzt. Würde einer der drei Gesellschafter aus der GbR ausscheiden, müsste diesem der Verkehrswert seines Gesellschafts­anteils als eine Abfindung vergütet werden. Die Liste etwaiger weiterer Problematiken, die sich aus der gesetzlichen Erbfolge ergeben können, ließe sich vielfach fortsetzen.

Testament schafft Sicherheit für Praxisinhaber

Ein wirksames Testament beziehungsweise ein Erbvertrag verdrängen nach § 1937 BGB jedoch die gesetzliche Erbfolge. Nicht vergessen werden sollte allerdings, dass gesetzliche Erben, die testamentarisch von der Erbfolge ausgeschlossen worden sind, einen Pflichtteilsanspruch gegen den Erben haben. Hiervon ausgenommen sind lediglich Fälle, in denen Pflichtteilsberechtigte erbunwürdig sind oder auf ihren Pflichtteilsanspruch wirksam verzichtet haben. Der gesetzliche Pflichtteilsanspruch beschränkt sich gemäß § 2303 BGB auf die Hälfte dessen, was ein Erbe erhalten würde, wenn die gesetzliche Erbfolge anwendbar wäre. In unserem Beispielsfall würde die enterbte Ehefrau einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 25 Prozent und die beiden Kinder von je 12,5 Prozent geltend machen können. Der Pflichtteilsanspruch beläuft sich auf eine Geldzahlung durch den Erben und kann zu einer erheblichen Belastung sowie einem Liquiditätsabfluss führen.

Aber wie errichtet man ein rechtswirksames Testament? Das Gesetz lässt es zu, dass es durch einen Notar oder eigenhändig errichtet werden kann. Eine wirksame eigenhändige Errichtung setzt zwingend voraus, dass das gesamte Testament von dem Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben wird. Zu Beweiszwecken ist dringend anzuraten, dass es mit Datum und Erstellungsort versehen wird, da ein Testament, das zeitlich später errichtet wird, das frühere Testament überlagert. 

Von rechtlichen Laien errichtete Testamente können jedoch sehr fehlerbehaftet sein. Denn testamentarische Verfügungen müssen eindeutig sein, die Erbeinsetzung sollte unmissverständlich erfolgen, genauso wie Vermächtnisse, Auflagen, Teilungsanordnungen. Angesichts der Bedeutung eines Testaments sollte sich deshalb jeder Praxis- und Vermögensinhaber überlegen, ob er sein Testament mithilfe eines Notars errichtet. Zwar verursacht dies Kosten, allerdings hat man so die Gewähr der Rechtswirksamkeit.

Alleinerben-Testament bei einem Nachfolger

Ist ein geeigneter Erbe vorhanden, der berufsrechtlich qualifiziert und bereit ist, die Arztpraxis weiterzuführen, kann es sich empfehlen, diesen testamentarisch als Alleinerben einzusetzen und übrige Erben im Testament mit geeigneten Vermächtnissen zu bedenken.

Eine andere Variante wäre, übrige Erben bereits zu Lebzeiten des Erblassers durch Vermögensübertragungen mit Anrechnung auf den künftigen Pflichtteilsanspruch abzufinden. Die Vermächtnisse beziehungsweise lebzeitige Vermögensübertragungen sollten nicht aus dem Betriebsvermögen, sondern aus dem Privatvermögen des Erblassers erfüllt werden, damit eine Entstrickung des Betriebsvermögens vermieden wird. Unter Entstrickung versteht das Gesetz die Aufdeckung und die Versteuerung der stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens, die ins Privatvermögen übertragen werden. 

Vorteile des Alleinerben-Testaments

Ein Alleinerben-Testament hat einige Vorteile. Das gesamte Vermögen eines Praxisinhabers wird dabei auf einen geeigneten Nachfolger übertragen. Damit werden etwaige Unstimmigkeiten bei der Führung der Arztpraxis und die Bildung einer BAG vermieden. Der Alleinerbe kann vom Praxisinhaber lange vor dem Erbfall ausgesucht, geprüft und an die Leitung der Arztpraxis herangeführt werden. 

Die Abfindung der anderen gesetzlichen Erben noch zu Lebzeiten des Erblassers in Höhe der Pflichtteilsansprüche bietet den Vorteil, dass die Abfindung von langer Hand vorbereitet und das hierzu erforderliche Privatvermögen geschaffen wird. Die Anrechnung der Vermögensübertragung auf den Pflichtteil kann künftigen Streitereien um die Höhe des Pflichtteils vorbeugen und den Alleinerben vor Rechtsstreitigkeiten nach dem Erbfall bewahren. 

Realteilung der Praxis bei mehreren Nachfolgern

Sind mehrere geeignete Nachfolger vorhanden, kann eine Realteilung der Arztpraxis auf die Nachfolger die passende Lösung sein. Sie kann nach § 16 Abs. 3 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerneutral durchgeführt werden. Denn mittlerweile können auch betriebliche Einzelwirtschaftsgüter steuerneutral realgeteilt werden. Dabei dürfen die realgeteilten Wirtschaftsgüter allerdings vom Übernehmer innerhalb einer Sperrfrist von drei Jahren nach Abgabe der Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum der Realteilung nicht ins Privatvermögen entnommen werden. 

Gründung einer GmbH & Co. KG bei fehlenden Nachfolgern 

Das Alleinerben-Testament eignet sich nicht, wenn keine Nachfolger für die Praxis vorhanden sind. In diesem Fall können Ärzte mit anderen Gestaltungen arbeiten. Es kann sich anbieten, auf Möglichkeiten zurückzugreifen, die das Gesetz zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts (MoPeG) seit dem 1. Januar 2024 bietet. Dazu gehört die Eröffnung der Rechtsform der GmbH & Co. KG für Freiberufler, auch für Ärztinnen und Ärzte. So könnten andere familienfremde Berufsangehörige mit der Führung der Arztpraxis betraut und berufsqualifizierte Familienangehörige des Praxisinhabers als Kommanditisten eingesetzt werden. Angesichts der noch ungeklärten Rechtslage zum Verhältnis des MoPeG zum ärztlichen Berufsrecht sollte allerdings die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abgewartet werden, bevor die Rechtsform der GmbH & Co. KG seitens der Ärzteschaft genutzt wird.

Geerbtes und geschenktes Vermögen steigt auf Höchstwert

Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 121,5 Milliarden Euro durch Erbschaften und Schenkungen übertragen. Damit stieg das steuerlich berücksichtigte geerbte und geschenkte Vermögen gegenüber 2022 um 19,8 Prozent auf einen neuen Höchstwert.