Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Erbrecht
Inhaltsverzeichnis

Es ist schön, wenn Eltern die eigene Arztpraxis an eines ihrer Kinder übertragen können. So bleibt das Lebenswerk in der Familie. Doch sind mehrere Kinder vorhanden, kann es kompliziert werden. Vor allem, wenn manche Kinder arztfremde Berufe ausüben. Dann müssen Eltern einiges beachten, um ihr Betriebs- oder Privatvermögen möglichst steuerschonend auf die Kindergeneration zu übertragen und gleichzeitig spätere Geschwisterstreitigkeiten aufgrund der Erbschaft zu vermeiden.

Einseitige Begünstigung einzelner Kinder möglich

Vor der Praxis- oder Vermögensübertragung sollte allen klar sein, dass das deutsche Recht eine Gleichbehandlung von Kindern bei einem Vermögenstransfer in der Familie nicht verlangt. Es ist also zivilrechtlich möglich, dass Eltern das eigene Betriebs- und/oder Privatvermögen im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge nur an ein Kind übertragen, während das andere Kind beziehungsweise die anderen Kinder leer ausgehen. Es besteht kein Anspruch der übergegangenen Kinder auf lebzeitige Zuwendungen ihrer Eltern, da Eltern über ihr Vermögen grundsätzlich frei verfügen können. Dazu gehört auch, nur ein Kind beziehungsweise nur einige Kinder im Wege einer Schenkung zu begünstigen und die anderen hiervon auszunehmen. 

Ungleiche Zuwendungen können geboten sein

Abseits solcher Grenzfälle ist eine unterschiedliche Begünstigung von einzelnen Kindern möglich und kann sogar geboten sein. So ist es nach dem ärztlichen Berufsrecht nicht möglich, eine Arztpraxis auf berufsfremde Kinder zu übertragen. Es ist auch berufsrechtlich nicht zulässig, berufsfremde Kinder an der ärztlichen Praxis ihrer Eltern oder ihrer berufsangehörigen Geschwister als stille Gesellschafter teilhaben zu lassen, da hierdurch berufsfremde Dritte gesetzeswidrig an den Einkünften aus einer ärztlichen Praxis teilhaben würden. Ferner würde eine Übertragung einer ärztlichen Praxis sowohl an berufsangehörige als auch an berufsfremde Kinder dazu führen, dass die betreffende Arztpraxis beziehungsweise Berufsausübungsgemeinschaft gewerbliche Einkünfte erzielen würde. 

Es müssen also andere Wege gefunden werden, um alle Interessen angemessen zu berücksichtigen. Dies kann durch einen lebzeitigen Ausgleich funktionieren, den die Eltern oder die primär begünstigten berufsangehörigen Kinder tragen und der in Form von Gleichstellungsgeldern an die berufsfremden Kinder als sogenannte weichende Erben gezahlt wird. Oder der Ausgleich erfolgt durch Zuwendungen von Todes wegen an die berufsfremden Kinder in Testamenten oder in Erbverträgen.

Gleichstellungsgelder zulasten der Eltern

Einen probaten Weg, Interessen der berufsangehörigen und der berufsfremden Kinder angemessen zu berücksichtigen, stellt die Übertragung des Betriebsvermögens, in erster Linie der Arztpraxis, an berufsangehörige Kinder dar und eine Abfindung der berufsfremden Abkömmlinge durch Zahlung von Gleichstellungsgeldern an diese aus dem Privatvermögen ihrer Eltern. Eine Übertragung von Teilen des Betriebsvermögens an berufsfremde Kinder ist nicht zu empfehlen, da diese eine zwingende steuerpflichtige Aufdeckung von stillen Reserven in diesem Vermögen zur Folge hätte. 

Zivilrechtlich stellen die Übertragungen sowohl an berufsangehörige als auch berufsfremde Kinder separate Schenkungen dar, wobei das Schenkungsversprechen der Eltern nach § 518 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) notariell beurkundet werden muss. Ohne eine notarielle Beurkundung würden die Schenkungsversprechen der Eltern bis zu deren Bewirkung nach § 518 Abs. 2 BGB unwirksam sein. Das heißt: Das begünstigte Kind hätte gegen die Eltern keinen Anspruch auf die betreffende Schenkung.

Die Gleichstellungsgelder können in einer einmaligen Zahlung oder in wiederkehrenden Zahlungen an das begünstigte Kind bestehen. Werden Gleichstellungsgelder aus dem Privatvermögen der Eltern geleistet, liegen bei diesen eine einkommensteuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung und bei dem begünstigten Kind eine nicht steuerbare Zuwendung vor.

Um klare Verhältnisse nach dem Ableben der Eltern zu schaffen, kann beziehungsweise sollte die Zahlung von Gleichstellungsgeldern mit dem Erbverzicht nach § 2346 BGB sowie mit dem Verzicht auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 BGB des begünstigten berufsfremden Kindes verbunden werden.

Zu beachten ist dabei, dass Gleichstellungsgelder mindestens dem gesetzlichen Pflichtteilsanspruch des berufsfremden Kindes entsprechen müssen, sofern der Verzicht dieses Kindes auf sein gesetzliches Erbrecht sowie auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht gefährdet werden soll. Würde das berufsangehörige Kind testamentarisch als Alleinerbe bestimmt, beliefe sich der Pflichtteilsanspruch des übergegangenen berufsfremden Kindes gemäß § 2303 BGB auf 50 Prozent seines gesetzlichen Erbrechts. Sofern beide Kinder gleichermaßen begünstigt werden sollen und keine Erbeinsetzung eines Kindes als Alleinerbe beabsichtigt ist, sollten die Gleichstellungsgelder dem künftigen Erbteil des berechtigten Kindes entsprechen und bei zwei erbberechtigten Kindern damit 50 Prozent des voraussichtlichen künftigen Erbteils eines Kindes betragen.

Gleichstellungsgelder zulasten des primär begünstigten Kindes

Häufig wird sowohl bei Eltern als auch Kindern der berechtigte Wunsch bestehen, dass das primär begünstigte berufsangehörige Kind, dem im Wege der vorweggenommenen Erbfolge die elterliche Praxis zugewendet wurde, die Leistung von Gleichstellungsgeldern an das berufsfremde Kind wirtschaftlich übernimmt. 

Es sollte hier beachtet werden, dass zwar eine Leistung von Gleichstellungsgeldern die Bereicherung des berufsangehörigen begünstigten Kindes im Sinne des Schenkungssteuerrechts mindern würde, gleichzeitig jedoch freigebige Zuwendungen zwischen den Geschwistern begründen kann. Eine solche freigebige Zuwendung würde der ungünstigen Schenkungssteuerklasse II unterfallen, welche einen geringen Schenkungssteuerfreibetrag von lediglich 20.000 Euro vorsieht. Es ist daher zu empfehlen, dass Gleichstellungsgelder rechtlich nicht zwischen den Geschwistern, sondern von Eltern an das nicht berufsangehörige Kind aus deren Privatvermögen erfolgen.

Gleichstellungsgelder von Todes wegen

Statt einer Zahlung zu Lebzeiten der Eltern können Gleichstellungsgelder auch durch eine Testamentsregelung oder in einem Erbvertrag vorgesehen werden. Bei solchen Gleichstellungsgeldern sollte berücksichtigt werden, dass der Berechtigte hier bereit sein muss, auf die Leistung von Gleichstellungsgeldern bis zum Erbfall zu warten. Psychologisch beziehungsweise familiär könnte bei dem Berechtigten dadurch der Eindruck entstehen, er sei gegenüber seinen vorrangig begünstigten Geschwistern zurückgesetzt. Dies könnte den Familienfrieden erheblich belasten. 

Wann ein Ausschluss von Kindern bei der Vermögensübertragung gesetzeswidrig ist

Es gibt bestimmte Grenzfälle, in welchen ein Übergehen einzelner Kinder als ein Verstoß gegen die guten Sitten oder gegen das gesetzliche Verbot aufzufassen ist, sodass eine solche einseitige Benachteiligung gesetzeswidrig und damit unwirksam wäre. Zu nennen ist zum Beispiel der bewusste Ausschluss eines Kindes von einer Zuwendung aufgrund des Geschlechts oder der Rasse.

Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Rechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen

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