Corona-Pandemie: Höchstrichterliches Urteil zu Kündigung ungeimpfter MFA
Judith MeisterSie arbeitete im Krankenhaus in der Patientenversorgung, wollte sich aber nicht gegen Covid-19 impfen lassen. Daraufhin erhielt die Frau eine Kündigung – zu Recht, wie das Bundesarbeitsgericht nun entschied.
Mitten in der Pandemie neue Mitarbeiter für die Klinikarbeit zu gewinnen, ist ungewöhnlich – und Grund zur Freude. Im Fall einer frisch eingestellten MFA allerdings kippte die Stimmung relativ schnell. Denn die Frau, die seit dem 1. Februar 2021 in einem Krankenhaus arbeitete und auf verschiedenen Stationen Patienten versorgte, weigerte sich, sich gegen SARS-CoV-2 impfen zu lassen: Entsprechende Impfangebote des Klinikträgers schlug sie aus.
Obwohl zu dieser Zeit noch keine einrichtungsbezogene Impfpflicht bestand, kündigte der Arbeitgeber den Vertrag daher innerhalb der gesetzlichen Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG. Die geschasste Mitarbeiterin klagte.
Sie monierte, ihr Rauswurf verstoße gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Danach darf ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Genau das aber war nach Meinung der gekündigten MFA geschehen. Denn vor Wirksamwerden der ab dem 15. März 2022 geltenden Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises für das Krankenhauspersonal (§ 20a IfSG, inzwischen weggefallen) sei sie nicht verpflichtet gewesen, sich impfen zu lassen.
Kein Verstoß gegen das Maßregelverbot
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz wies die Klage ab – und auch vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte die Frau keinen Erfolg. Wie schon die Vorinstanz konnte der Zweite Senat in der Kündigung keinen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot erblicken. Es fehle an der dafür erforderlichen Kausalität zwischen der Ausübung von Rechten durch den Arbeitnehmer und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers.
Das wesentliche Motiv für die Kündigung der MFA sei nicht deren Weigerung gewesen, sich impfen zu lassen. Im Vordergrund habe vielmehr der beabsichtigte Schutz der Krankenhauspatienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal gestanden
Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar
Dabei sei es rechtlich irrelevant, dass die Kündigung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht erklärt worden ist. Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bestünden keine Bedenken an der Wirksamkeit der Kündigung (BAG, Urteil v. 30.3.2023, 2 AZR 309/22). Da die Kündigung in der sechsmonatigen Wartezeit nach Einstellung der Frau erfolgte und das Kündigungsschutzgesetz daher noch nicht anwendbar war, musste das Gericht allerdings nicht prüfen, ob es für die Kündigung auch eine ausreichende soziale Rechtfertigung gab.