Auskunft an Angehörige: Was rechtlich möglich ist
Judith MeisterDie Schweigepflicht ist eine der wichtigsten Berufspflichten eines Arztes. Grundsätzlich gilt sie auch gegenüber Familienangehörigen. Welche Ausnahmen möglich sind – und in welchen Fällen Zurückhaltung geboten ist.
Szenen wie diese dürfen in keinem Fernsehdrama fehlen. Nach einem Unfall oder einem chirurgischen Eingriff sitzen besorgte Angehörige im Flur vor dem Operationssaal. Nach endlosen Stunden kommt der Arzt durch eine Schiebetür. Er überbringt den Wartenden wahlweise erlösende Nachrichten oder schüttelt bedauernd den Kopf.
Mediziner, die sich auch im echten Leben so verhalten würden, müssten im schlimmsten Fall mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Denn die ärztliche Schweigepflicht gilt im Normalfall auch gegenüber Angehörigen und Ehepartnern. Auskünfte an besorgte Familienmitglieder sind damit ebenso tabu wie die Überlassung von Patientendaten an den Partner oder die Verwandten.
Von dieser Regel gibt es allerdings wichtige Ausnahmen.
Die schriftliche Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht
Die wichtigste (und rechtlich sicherste): Die schriftliche Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht. Liegt ein solches Dokument der Patientenakte bei, darf der Arzt der betreffenden Person die gesundheitlichen Beschwerden des Patienten schildern und auch Therapieansätze besprechen.
Gleiches gilt, wenn eine Person sich als gesetzlicher Vertreter oder Betreuer eines Patienten ausweisen kann: Die Eltern minderjähriger Kinder dürfen und müssen daher erfahren, wie es ihren Sprössling geht. Eine gewisse Zurückhaltung ist allerdings geboten, wenn ein Teenager mit entsprechender Einsichtsfähigkeit sich selbst in Behandlung begeben hat. Hier sollten Ärzte mit Augenmaß agieren und zunächst Rücksprache mit dem jungen Patienten halten.
Auskunftsanspruch der Erben
Grundsätzlich wirkt die ärztliche Schweigepflicht auch über den Tod hinaus. Gibt es keine Patientenverfügung oder sonstige schriftliche Unterlagen, steht der Arzt daher vor der schwierigen Frage, den mutmaßlichen Willen seiner Patienten (zu Lebzeiten) zu ermitteln.
In der Regel dürfte davon auszugehen sein, dass die nächsten Angehörigen zum Beispiel über die Todesursache informiert werden dürfen (vgl. dazu bereits BGH, Az. VI ZR 259/81) Geben Äußerungen oder das Verhalten des Patienten hingegen Anlass zu der Annahme, dass er seinen Angehörigen diese Informationen vorenthalten wollte, muss der Arzt diesen Willen respektieren.
Ähnliches gilt mit Blick auf das Einsichtsrecht in die Patientenakte. Während dieses Recht dem Patienten zu Lebzeiten ohne Wenn und Aber zusteht, können die Erben sich nicht darauf berufen. Ein Einsichtsrecht in die Patientenakte kann sich für Erben allerdings dann ergeben, wenn sie zum Beispiel Haftungs-Ansprüche geltend machen wollen.