Minenfeld Stellenausschreibung: Was Ärzte bei der Suche nach MFA beachten müssen
A&W RedaktionIn Zeiten des Fachkräftemangels versuchen viele Ärzte, sich und ihre Praxis schon im Inserat besonders positiv darzustellen. Das ist verständlich, kann aber nach hinten losgehen, wie ein aktuelles Urteil beweist.
Passt „ein Mann in den besten Jahren“ in ein „junges hoch motiviertes Team“? Und darf ein Arbeitgeber überhaupt auf das Alter eines Bewerbers schauen, wenn dieser alle geforderten Qualifikationen mitbringt? Antworten auf solche Fragen finden sich direkt im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das Regelwerk schützt alle Menschen vor Diskriminierung im Arbeitsleben, und zwar aufgrund sechs verschiedener Merkmale. Diese sind: die ethnische Herkunft, das Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, eine Behinderung, das Alter sowie die sexuelle Identität.
Jeder Bereich ist geschützt
Wichtig ist dabei die Tatsache, dass der Diskriminierungsschutz sich nicht nur auf bestehende Beschäftigtenverhältnisse bezieht, sondern auch auf: „[…] die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie beruflichem Aufstieg […]. Damit ist zugleich gesagt, dass bereits im Bewerbungsverfahren und in der Stellenausschreibung peinlich darauf zu achten ist, keinen Kandidaten (m/w/d) wegen eines der im Gesetz genannten Kriterien zu diskriminieren.
Die meisten Arbeitgeber scheinen diese Vorgabe inzwischen verinnerlicht zu haben. So zeigt eine Untersuchung der Antidiskriminierungsstelle zu Diskriminierung in Stellenanzeigen, dass nur noch 2,2 Prozent der Jobbeschreibungen Diskriminierungen aufweisen, die nach dem AGG eindeutig verboten sind – darunter 80,8 Prozent aufgrund des Geschlechts, gefolgt von den Kategorien Alter (16,8 Prozent) und ethnische Herkunft (8 Prozent).
Dennoch sollten Praxisinhaber sich vor Beginn jedes einzelnen Bewerbungsverfahrens immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass selbst die Verwendung vermeintlich harmloser Umgangssprache bereits rechtliche Konsequenzen haben kann. Welche, das belegt (einmal mehr) eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg. Sie besagt: Ob ein Bewerber alt oder jung ist, darf bei der Vergabe einer offenen Stelle keine Rolle spielen (Az. 2 Sa 1/20)
Scheinbewerber sind geschützt
Im konkreten Fall hatte ein Unternehmen eine Stelle für Berufseinsteiger damit beworben, der Neuzugang könne Teil eines „jungen, hoch motivierten Teams“ werden. Ein 61-jähriger Diplom-Kaufmann bewarb sich darauf. Erfolglos. In der Annahme, dass wohl sein Alter ihn den Job gekostet habe, klagte er wegen Diskriminierung – und bekam recht. Das Unternehmen muss eine Entschädigung in Höhe von zwei Monatsgehältern zahlen, insgesamt 6.700 Euro.
Mit seiner Entscheidung liegt das LAG auf der Linie des Bundesarbeitsgerichts, das dem Diskriminierungsschutz einen sehr hohen Stellenwert einräumt und deshalb zum Teil selbst sogenannte AGG-Hopper, also Kandidaten schützt, die gar kein ernsthaftes Interesse an der Stelle haben, sondern sich nur bewerben, um abgelehnt zu werden und dann die Entschädigung nach AGG einzuklagen. Der Grund für diese unerfreuliche Entwicklung: Im Streitfall muss nicht der Scheinbewerber nachweisen, dass er diskriminiert wurde, sondern der Arbeitgeber muss glaubhaft machen, dass er ihn nicht diskriminiert hat. Das ist nicht immer einfach, wie der Fall aus Nürnberg beweist.
Entbehrliche Floskeln vermeiden
So führte das LAG aus, dass die Begriffe „jung“ und „hoch motiviert“ eindeutig Eigenschaften bezeichneten, die im Allgemeinen eher jüngeren als älteren Menschen zugeschrieben werden. Im konkreten Fall sei nicht nur die Botschaft vermittelt worden, dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb hoch motiviert seien, sondern auch, dass ein Arbeitnehmer gesucht werde, der diese Eigenschaften ebenfalls mitbringe. Andernfalls sei die Passage ohne Aussagegehalt und daher überflüssig. Praxischefs sollten angesichts dieser Rechtsprechung unbedingt darauf verzichten, diese und ähnliche Formulierungen in Stellenanzeigen zu verwenden.
Srategien gegen AGG-Hopper
Wollen Arbeitgeber in einem Verfahren nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beweisen, dass sie einen Bewerber oder eine Bewerberin nicht diskriminiert haben, müssen sie das Gericht davon überzeugen, dass es andere Gründe für eine Absage gab. Das können zum Beispiel fehlende Schlüsselqualifikationen sein, ein zu später Eingang der Bewerbung oder die Stelle blieb unbesetzt.