Ärztin darf sich nach Kündigung im MVZ selbst vertreten
Judith MeisterZur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung ist manchmal ein wenig Flexibilität erforderlich. Das belegt ein aktuelles Urteil aus Hessen, in dem die KV den Kürzeren zog.
Eine Ärztin arbeitet fest angestellt in einem MVZ – jeweils mit einem halben Versorgungsauftrag als Fachärztin für Anästhesiologie und Allgemeinmedizin. Nach ihrer Kündigung zeigt der Arbeitgeber dem Zulassungsausschuss an, dass die vertragsärztliche Tätigkeit der scheidenden Kollegin enden werde. Als Ablauftermin war in dem Schreiben der 30. September festgehalten – der letzte Tag der Kündigungsfrist.
Tatsächlich endete mit Ablauf dieses Tages der Arbeitsvertrag der Ärztin mit dem MVZ. Da dessen Betreiber aber keinen Ersatz für die ausgeschiedene Kollegin finden konnte, bot diese an, übergangsweise ihre Arbeit auf der Stelle fortzusetzen. Als Vertretung.
Der Chef willigte ein. Jedoch weigerte sich die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) im Nachgang, die Leistung der Ärztin zu honorieren. Das Argument: Ein Vertragsarzt dürfe sich nur durch einen „anderen Vertragsarzt“ vertreten lassen. Eine Vertretung durch sich selbst sei gesetzlich nicht vorgesehen. Die Ärzte-ZV verlange vielmehr eine Personenverschiedenheit von Vertreter und Vertretenem.
Der Betreiber des MVZ wollte das nicht hinnehmen. Er legte Widerspruch gegen den Bescheid ein und klagte, als die KV sich weigerte, ihre Rechtsauffassung zu korrigieren.
Vertreter und Vertretener können (vorübergehend) dieselbe Person sein
Vor dem Sozialgericht Marburg hatte er damit Erfolg (Az. S 17 KA 346/19). In seiner Entscheidung bezog sich das Gericht auf die maßgebliche Vorschrift der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, 32b Absatz 6 Satz 2 Ärzte-ZV.
Dort steht zu lesen: Die Beschäftigung eines Vertreters für einen angestellten Arzt ist für die Dauer von sechs Monaten zulässig, wenn der angestellte Arzt freigestellt ist oder das Anstellungsverhältnis durch Tod, Kündigung oder andere Gründe beendet ist.
Das Gericht legte diese Formulierung so aus, dass eine bereits ausgeschiedene Ärztin ihre eigene Vertretung sein kann. Eine Personenverschiedenheit zwischen Vertreter und Vertretenem ist demnach, anders als von der KV gefordert, nicht vorgeschrieben. Vielmehr seien zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung flexible Regelungen erforderlich, so das Gericht.
Die Ärztin hat zu Recht die Vertretung übernommen und die KV muss ihre Leistung bezahlen.
Lesen Sie hier, welche gesetzlichen Kündigungsfristen im Arbeitsrecht gelten.