Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis

Auch am Standort seiner Zweigpraxis muss ein Hausarzt darauf vorbereitet sein, bei Bedarf für den kassenärztlichen Notdienst zur Verfügung zu stehen.

Die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung steht im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Da kann sinnvoll sein, einen Standort mit einer Zweigpraxis zu besetzen, bevor sich dort die Konkurrenz niederlässt. Insgesamt lässt sich je nach den örtlichen Rahmenbedingungen mit einer Zweigpraxis – gegebenenfalls unterstützt von einem angestellten Arzt – die Umsatz- und Ertragslage einer Hausarztpraxis verbessern.

Vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes des Vertragsarztes an weiteren Orten sind zulässig, wenn dies

  • die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und
  • die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes davon nicht beeinträchtigt wird (§ 24 Abs.3 der Zulassungsverordnung).

Verbesserung der Versorgung hat Vorrang

Gerade bei der hausärztlichen Versorgung bietet sich an, die Praxen dort zu führen, wo der Versorgungsbedarf am stärksten ist. Die KVen unterstützen dieses Anliegen und bauen bei den Anträgen der Hausärzte auch keine unzumutbaren Hürden auf. Bei der Errichtung einer Zweigpraxis kann es ganz allgemein um die Verbesserung der Versorgung gehen.

Es ist aber auch möglich, in der Zweigpraxis spezielle Leistungen (einschließlich IGeL) zu erbringen, die von den Kollegen am Ort nicht angeboten werden. Der Vertragsarzt muss aber berücksichtigen, dass nach einem rechtskräftigen Beschluss des Landessozialgerichtes Nordrhein-Westfalen mit der Verbesserung der ärztlichen Versorgung durch eine Zweigpraxis für diesen Standort auch die Teilnahme am Notfalldienst untrennbar verbunden ist.

Verpflichtung gilt nicht nur für ersten Praxissitz

Die dem Vertragsarzt auferlegte Verpflichtung, seinen Patienten umfassend zur Verfügung zu stehen, betrifft nach Meinung der LSG-Richter nicht nur die Patienten des Praxissitzes, sondern auch jene am Ort der Zweigpraxis. Selbst wenn Residenz- und Präsenzpflicht bezogen auf die Zweigpraxis gemindert sind, verbleibe die übergreifende Pflicht, umfassend zur Verfügung zu stehen. Dem komme der Vertragsarzt nach, wenn er kontinuierlich in 24-stündiger Bereitschaft stehe oder aber jedenfalls am organisierten Notfalldienst teilnehme. Alles andere liefe darauf hinaus, dass Inhaber einer Zweigpraxis einseitig die pekuniären Vorteile des erweiterten Tätigkeitsbereichs in Anspruch nehmen, damit verbundene Verpflichtungen aber negieren.

Ärzte müssen auch Nachteile in Kauf nehmen

Sicherstellung der Versorgung und ökonomische Zukunftsperspektiven schließen sich nicht aus. Es sei nicht zu beanstanden, so heißt es in der Beschlussbegründung, wenn ein mehrere Praxen (Stammpraxis und Zweigpraxen) betreibender Vertragsarzt nicht nur die damit verbundenen Vorteile des regelmäßig höheren Einkommens genießt. Er müsse dann aber auch eine mehrfache Heranziehung zum Notfalldienst als einen notwendigerweise mit dem Betreiben einer jeden Praxis verbundenen Nachteil in Kauf nehmen (Az.: L 11 B 19/09 KA ER).

A&W-TIPP

Das Landessozialgericht …
… hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die grundsätzliche Verpflichtung zur Teilnahme am Notfalldienst eine Befreiung im Einzelfall wegen unzumutbarer Belastung durch die mehrfache Heranziehung nicht ausschließt. Hier lohnt sich ein Gespräch mit der KV. Gesundheitliche Beeinträchtigungen, anderweitige Bereitschaftsdienste oder auch familiäre Belastungen begründen einen Antrag auf Begrenzung oder Befreiung von der Tätigkeit im Notfalldienst.