Wirtschaftliche Stimmung bei Niedergelassenen erreicht historisches Tief
Marzena SickingSowohl der ifo-Geschäftsklimaindex als auch der von der Stiftung Gesundheit erhobene Stimmungsindex der niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen zeigten im 3. Quartal 2023 eine negative Tendenz.
Während der ifo-Geschäftsklimaindex um 2,9 Punkte sank, erlebten die Ärzt:innen einen stärkeren Rückgang von 3,7 Punkten. Dies stellt die wirtschaftliche Stimmung der niedergelassenen Ärzt:innen schlechter dar als in anderen Branchen des ifo-Indexes.
Historischer Tiefpunkt in der wirtschaftlichen Stimmung erreicht
Die wirtschaftliche Stimmung der niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen erreichte nach Angaben der Stiftung Gesundheit mit -38,7 Punkten ein noch nie dagewesenes Tief seit Beginn der Erhebung 2006. Zum Kontext: Der tiefste Wert während der Corona-Pandemie lag bei -28,9. Dazu Forschungsleiter Prof. Dr. Dr. Konrad Obermann: „Die Kombination aus schlechter aktueller Lage und geradezu dramatisch anzusehender negativer Erwartungen führt zu diesem Rekordtief. Die gilt für Hausärzte und Fachärzte gleichermaßen.“
Zwar gibt das Stimmungsbarometer tatsächlich “nur” die gefühlte und nicht die tatsächliche wirtschaftliche Lage der Praxen wieder, aber dass die niedergelassene Ärzteschaft so einhellig die Ausübung ihres Berufs zum fünften Mal in Folge als zutiefst belastend und unbefriedigend wahrnimmt, ist alarmierend.
Unterschiedliche Entwicklung der wirtschaftlichen Stimmung in den ärztlichen Fachgruppen
So gab es in allen ärztlichen Fachbereichen im 3. Quartal einen Rückgang der wirtschaftlichen Stimmung. Besonders negativ betroffen waren die Zahnärzte und Zahnärztinnen mit eigener Praxis mit einem Abfall von 14,7 Punkten. Auch die Fachärzteschaft verzeichneten mit 8,3 Punkten einen spürbaren Rückgang. Im Vergleich dazu waren die Verluste bei den Psychologischen Psychotherapeut:innen und Hausärzt:innen geringer, mit Rückgängen von 3,8 bzw. 3,2 Punkten.
Hauptfaktoren der negativen Entwicklung
Die Hauptursachen für diesen Stimmungswandel liegen in zwei Faktoren: 82,5 % der Befragten sehen die Politik und Selbstverwaltung als problematisch an, während 77,6 % die Digitalisierung kritisch bewerten. Neu hinzugekommen als dritter negativer Faktor ist die finanzielle Situation der Praxen, die von 50,8 % der Befragten als mitverantwortlich für die negative Entwicklung gesehen wird. Dies unterstreicht Obermanns Aussage über die weitverbreitete Unzufriedenheit in der ambulanten Versorgung.
Auf die leichte Schulter nehmen, sollte man die Ergebnisse nicht. Forschungsleiter Prof. Dr. Dr. Konrad Obermann: “Die Ergebnisse der Stiftung Gesundheit stehen nicht isoliert: Eine Erhebung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) im Rahmen des Zi-Praxis-Panels (ZiPP) zeigt ebenfalls eine historisch schlechte Stimmung, was vom Zi als „mehr als deutliches Warnzeichen“ interpretiert wird. Die Autoren sehen eine direkte Verbindung zwischen nachlassender Attraktivität einer eigenen Praxis und der Zunahme unbesetzter Arztsitze.”