Wie steigern andere Praxen den Umsatz?
André BernertHaben Sie den Eindruck, die Praxis des Kollegen läuft viel besser, wissen aber nicht, warum? Fällt es Ihnen schwer, eine Strategie zu entwickeln, die Umsatzzuwächse verspricht? André Bernert, Experte für Arzt- und Zahnarztpraxen, hat wertvolle Tipps für Sie.
Ob ihre Zahlen im Vergleich zu anderen, fachgleichen Praxen besser oder schlechter sind, können viele Ärzte nicht beurteilen. Die Unsicherheit darüber ist sogar recht groß. Häufig werden auch Äpfel und Birnen verglichen. Es ist z.B. relevant, mit wie viel Zeiteinsatz ein bestimmter Umsatz erzielt wird. Da liegt auf der Hand, dass Scheinzahl und Umsatz allein nicht aussagekräftig sind.
Gerade letzte Woche verriet uns eine Gynäkologin, dass sie nicht glauben könne, wie viel Umsatz ein Kollege mit seiner Praxis mache. Im Gespräch sei er nur auf die Privatumsätze eingegangen und wie diese sich in den letzten zwei Jahren entwickelt haben. „Bin ich wirklich so schlecht?“, fragte sie, nicht ihren Kollegen, sondern uns als Berater.
Im Vergleich der beiden Praxen kam Folgendes zutage:
- Identische Anzahl an Behandlerstunden,
- eine ähnliche Personaldecke mit nahezu identischer Mitarbeiterstundenzahl,
- die gleiche geografische Lage,
- der Patienten-Mix ist ähnlich,
- die eine Praxis erwirtschaftet rund 24,8 % mehr Gewinn als die andere.
Das haben wir uns genauer angeschaut. Der PKV-Umsatz hat sich in den letzten 20 Monaten um 17 % erhöht und der IGeL-Umsatz sogar um 63 %. Man darf jedoch nicht unerwähnt lassen, dass der IGeL-Sektor vorher nur stiefmütterlich behandelt wurde, sodass eine so starke Steigerung möglich war. Doch das Ergebnis zählt und das ist eindrucksvoll. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Praxis im gleichen Zeitraum auch die Kosten um 11 % in den Bereichen Personal, Marketing und Praxisberatung erhöht hat.
Wenn die unternehmerische Denkweise fehlt
Häufig werden in den Praxen die gleichen Fehler begangen. Dabei steht im Kern nur eine Sache zwischen diesen Praxen und dem wirtschaftlichen Erfolg. Die unternehmerische Denkweise! Anhand von drei Beispielen zeige ich Ihnen, was wir meinen:
1. „Wir erkennen sofort, wer sich eine IGeL leisten kann.“
2018 hat jeder Bundesbürger im Durchschnitt 1.600 Euro für Gesundheit auf dem zweiten Gesundheitsmarkt ausgegeben.
Erklärung: Alle privat finanzierten (außerhalb des Leistungskataloges der gesetzlichen Kassen und privaten Krankenversicherungen) Produkte und Dienstleistungen rund um das Thema Gesundheit werden dem sogenannten zweiten Gesundheitsmarkt zugeordnet, somit auch IGeL.
50 %, also rund 800 Euro, sind ausschließlich für IGeL ausgegeben worden. Die IHK Essen hat das untersucht und festgestellt, dass der zweite Gesundheitsmarkt nicht als Markt für Besserverdienende zu verstehen sei. Vielmehr sei ein wachsender zweiter Gesundheitsmarkt für alle Beteiligten von Vorteil. Denn seitens der Bevölkerung gäbe es eine (wachsende) Zahlungsbereitschaft für die Angebote, die einen Zugewinn an Gesundheit oder auch nur größere Zufriedenheit bieten.
TIPP: Stecken Sie Patienten nicht in eine Schublade, sondern bieten Sie jedem Patienten die Leistungen gleichermaßen an, sofern sie medizinisch zum Krankheitsbild oder zur Gesunderhaltung passen.
2. „Patienten fragen einfach nicht danach.”
Patienten können nur das haben wollen, was sie auch verstehen. Es ist fast nie der Fall, dass ein Patient von sich aus nach einer Augeninnendruckmessung oder einem PSA-Test fragt. Er möchte im Ergebnis gute Augen und das Risiko minimieren, an Prostatakrebs zu erkranken. Damit Patienten verstehen können, brauchen sie Informationen. Viele Praxen haben nicht die Zeit, Patienten richtig zu informieren. Richtig heißt, dass der Nutzen der Behandlung für den Patienten verständlich sein muss. Einige Ärzte und Zahnärzte nehmen sich zwar die Zeit, um die Leistungen ausführlich zu erklären, vergessen aber eines dabei. In einem Arzt-Patienten-Gespräch sind Patienten von Natur aus angespannt(er). Sie hören zu, fragen kaum nach und vergessen vieles. Zumindest dann, wenn die wichtigsten Informationen nur mündlich übertragen werden.
TIPP: Schreiben Sie die wichtigsten Informationen auf und erstellen verständliche „Patienteninformationen“ und Kostenvoranschläge. Achten Sie dabei auf patientenverständliche Sprache und die Klarstellung des Nutzens. Bei der Erstellung solcher Instrumente und der richtigen Nutzung können wir Ihnen helfen. Dann sparen Sie damit sogar Zeit.
3. „Wenn sie es nicht sofort machen, machen sie es gar nicht!“
Kritik am IGeLn entsteht immer dann, wenn es nach Abzocke aussieht. Das ist der Fall, wenn Patienten schnell entscheiden müssen. Sie glauben es nicht, aber es kommt vor, dass Patienten noch auf der Liege liegend den IGeL-Vertrag unterschreiben sollen. Das wirkt nicht vertrauensvoll und sorgt in den meisten Fällen dafür, dass es die einzige IGeL für diesen Patienten in dieser Praxis bleibt.
TIPP: Mit den richtigen Informationen ausgestattet, sollten Patienten ausreichend Zeit bekommen, um sich über individuelle Gesundheitsleistungen Gedanken zu machen und ggf. mit dem Partner oder der Partnerin zu besprechen. Gerade bei hochpreisigen Angeboten. Ein neuer Termin bringt zudem nicht die laufende Sprechstunde in Verzug.
Was erfolgreiche Praxen anders machen
Wirtschaftlicher Erfolg ist die Folge von Investition. Die oben genannte Praxis hat wie zuvor erwähnt in Personal und Beratung investiert, dann aber auch ganz konkrete Dinge umgestellt. Durch ein monatliches Controlling und Benchmarking hat die Praxis Transparenz geschaffen. Diese hat uns dann bei der Strategieentwicklung entscheidend geholfen.
Wir konnten dadurch engmaschig steuern, welche Patienten welcher Terminart, wann in die Praxis kommen sollen. Daraus entstanden ist eine Spezialsprechstunde, die zunächst zwei Stunden, später vier Stunden und nach sieben Monaten zwei Praxisnachmittage eingenommen hat. Mit zwei Ärzten war das gut aufzuteilen. Und trotzdem blieben ausreichend Ressourcen für die Kassenversorgung. Zwei Dinge waren entscheidend dafür: 1. Wir haben die Strukturen vereinfacht und die Verwaltung effizienter gemacht. Das hat Freiräume geschaffen. 2. In zwei Trainings haben wir die Mitarbeiter geschult und damit die Kommunikation verbessert und den Patienten-Service deutlich erhöht. Das hat dafür gesorgt, dass die Spezialsprechstunden auch voll wurden.
Spannender Vergleich
Es ist spannend zu sehen, wie scheinbar gleiche Praxen wirtschaftlich ganz unterschiedlich aufgestellt sind. Nicht nur für uns Berater, sondern auch für die Praxisinhaberinnen und Inhaber. Interessante Werte sind zum Beispiel die prozentuale Umsatzverteilung (Kasse, Privat, IGeL und ggf. OP), der Umsatz pro Arztstunde oder der IGeL-Umsatz pro Tag. Eine aussagekräftige Benchmark ist zudem der Umsatz pro Mitarbeiterstunde. Diese hilft Ihnen festzustellen, ob Ihr Team effizient arbeitet, überfordert ist oder Sie für eine Privatsprechstunde vielleicht noch jemanden einstellen sollten.
Online-Tipp
Eine Berechnung dieser Benchmark können interessierte Leser u.a. auf der Website von André Bernert vornehmen. Anschließend erhalten Sie eine Auswertung und sehen direkt, wie Sie im Vergleich zu anderen, fachgleichen Praxen stehen. Hier geht es zum Tool: https://www.m-mp.de/mitarbeiter-effizienz-tool/