Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis

Gesprächsführung beim Kritikgespräch

Es kommt auf die Wortwahl an. Zwischen Ich- und Du-Botschaften besteht ein deutlicher Unterschied. Die Du-Botschaft wirkt persönlich und vorwurfsvoll: „Du bist zu langsam …, Du musst Dich mal beeilen …, Du hast das falsch gemacht … In der Ich-Botschaft wirkt der Arzt vorwurfsfrei: „Ich habe festgestellt …, Mir fällt auf …, Ich sehe gerade …“.

Der Wirkungsgrad der Kritik kann gesteigert oder gesenkt werden. Zunächst formuliert man Kritik „im ersten Gang“, z.B. „Ich empfehle …, Ich bitte, Dich …, Achte zukünftig doch auf …“. Bei mehrfachem Verstoß gegen Anweisungen wird ein Gang höher geschaltet, der Praxisinhaber ändert seine Wortwahl.

Kommunikationsmuster für unterschiedliche Formulierungen:
  • Stufe 1: Die Bitte: „Achte bitte zukünftig auf …“
  • Stufe 2: Der Wunsch: „Ich möchte, dass Du auf … achtest.“
  • Stufe 3: Die Erwartung: „Ich erwarte, dass Du ab sofort …“
  • Stufe 4: Der Appell: „Du musst unbedingt …“
  • Stufe 5: Die Anordnung: „Ich fordere Dich auf …, das ist eine Anordnung.“

Konsequenzen nach einem Kritikgespräch

Im äußersten Fall muss Kritik auch Konsequenzen haben, z.B. stärkere Kontrollen, damit sich etwas ändert. Kritik ohne Konsequenzen könnte man auf die leichte Schulter nehmen, ähnlich wie bei Falsch-Parken, wenn kein Bußgeld verhängt wird. Der Arzt kann erwarten, dass die Mitarbeiterin sich mit ihrem Verhalten auseinandersetzt und auf die bekannte Abwehrhaltung verzichtet. Die Annahme der Kritik hängt wesentlich von der Gesprächsführung ab. Und auch davon, ob der Praxisinhaber bei guter Leistung loben kann. Denn wer nicht lobt, wird bei Kritik nicht ernst genommen.

Nach einem gelungenen Kritikgespräch wird sich die Mitarbeiterin besonders anstrengen. Wenn sich ihr Verhalten nach der Kritik bessert, erwartet sie eine Bestätigung dafür. Fehlerfreies Arbeiten benötigt auf jeden Fall eine deutliche Rückmeldung. Das spornt an und motiviert, die gute Leistung zu halten.

Winston Churchill soll einmal gesagt haben: „Es ist gut, den Fehler, aus dem man lernen kann, nur einmal zu machen.“ Kritik wird seit einiger Zeit auch als „Feedback“ bezeichnet, als Rückmeldung über den Leistungsstand der Mitarbeiterin. Mit dem Begriff „Feedback“ wird für die Betreffende der Ernst der Beurteilung herausgenommen, viele verstehen Rückmeldung nicht als Kritik, sondern als Meinungsäußerung und nehmen das Gespräch auf die leichte Schulter.

Das Kritikgespräch ist nicht gelungen, wenn
  • sich der Fehler wiederholt, also keine Besserung eintritt.
  • sich die Leistung nur kurzfristig bessert und dann wieder nachlässt.
  • die Mitarbeiterin guten Willens ist, aber die Leistung nicht erbringen kann.
  • die Mitarbeiterin sich ungerecht behandelt fühlt und frustriert ist.
  • es zu einer Diskussion über den Tatbestand kommt.
  • etwas kritisiert wird, für das die Mitarbeiterin nicht verantwortlich ist.
  • die ‚Lieblingsmitarbeiterin‘ bei Fehlern mit Samthandschuhen angefasst wird.“

Diskretion gegenüber anderen Mitarbeitern

Jemanden vor Kolleginnen zu kritisieren, kommt einer Bloßstellung gleich. Das Team könnte sich mit der Kritisierten solidarisieren. Diskretion ist bei der Personalbeurteilung oberstes Gebot. Der Arzt kann damit rechnen, dass sich die Mitarbeiterinnen untereinander darauf aufmerksam machen, wenn es zu Fehlern kommt. Im Team unterstützt man einander, eine hilft der anderen, unter den Kolleginnen geht es dann weniger um „Kritik“, sondern um „Korrektur“. Bei Kritik unter den Kolleginnen wegen eines Fehlers muss man auch mit Ausreden der kritisierten Mitarbeiterin rechnen. Oft wird die Schuld auf besondere Umstände geschoben („So viel Stress heute“). Ausreden dienen lediglich dem Selbstschutz der Betreffenden, sind also keine bewussten Unwahrheiten.