Was Ihre Patienten bei Hitze wissen sollten
Melanie HurstIm Sommer haben einige Patientengruppen ein erhöhtes Gesundheitsrisiko. Daher ist Hitzeschutz eine wichtige Aufgabe der ambulanten Versorgung. ARZT & WIRTSCHAFT hat für Sie die wichtigsten Punkte zusammengestellt, die gefährdeten Patienten in der Sprechstunde nahegebracht werden können.
Wenn es Sommer wird, können Ärztinnen und Ärzte viel bewirken, damit ihre Patienten gut durch die heiße Jahreszeit kommen. So achten die Kolleginnen und Kollegen besonders auf Patienten, die ein erhöhtes Gesundheitsrisiko aufweisen, wenn die Temperaturen steigen. Dazu zählen Kleinkinder, chronisch und psychisch Kranke sowie ältere Menschen. Bei den betagten Patienten sind es vor allem Frauen, die bei Hitze gesundheitliche Schwierigkeiten bekommen können. Mögliche Risikofaktoren treten bei gefährdeten Menschen oft sogar gehäuft auf wie zum Beispiel weiblich, älter, chronisch krank und sozial isoliert in einer Wohnung in der obersten Etage.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Ärztinnen und Ärzten, Patienten aus all diesen Risikogruppen besonders im Blick zu behalten und sie über Maßnahmen zu informieren, die ihnen bei Hitze helfen. Erkrankungen mit hohem Risikopotenzial für hitzebedingte Gesundheitsschäden sind beispielsweise Diabetes mellitus, Demenz, Alzheimer, Parkinson, Bluthochdruck, koronare Herzerkrankungen, aber auch Schizophrenie und Drogenmissbrauch.
Einige Ärztinnen und Ärzte hinterlegen im Praxisverwaltungssystem bei ihren Patienten, ob sie in eine solche Hitze-Risikogruppe fallen. Dann kann unkompliziert eine passende Liste erstellt werden, um die entsprechenden Patienten herauszufiltern, oder sie können bei einem Arztbesuch gezielt über Hitzeschutzmaßnahmen aufgeklärt werden. Dazu zählen folgende wichtige Informationen:
Medikamentenanpassung
Manche Medikamente beeinträchtigen die natürliche Körperkühlung und verschärfen dadurch die gesundheitlichen Risiken. So können beispielsweise anticholinerge Arzneimittel die zentrale Temperaturregulierung hemmen, die kognitive Wachsamkeit einschränken und das Schwitzen verringern. Einen umfassenden Überblick über Arzneistoffe mit Risiken in Hitzewellen bietet die Heidelberger Hitze-Tabelle. Sie finden sie hier. Und nicht vergessen: Vor dem Sommer sollten die Medikationspläne kontrolliert und gegebenenfalls die Dosierung kritischer Medikamente angepasst werden.
Medikamentenlagerung
Die meisten Medikamente sind nur für eine Lagerung bis 25 Grad Celsius zugelassen. Ansonsten ist ihre Wirksamkeit beeinträchtigt. Während einer Hitzewelle sollten Patienten ihre Medikamente daher im Kühlschrank aufbewahren.
Arztbesuch
Bestellen Sie gefährdete Patienten möglichst morgens oder abends in die Arztpraxis ein, wenn es etwas kühler ist. Hitzereduzierende Maßnahmen wie stoßflüften in den frühen Morgenstunden, Fensterverdunkelung, kostenloses Mineralwasser im Wartezimmer, Ventilatoren oder Klimaanlagen erleichtern nicht nur den Patienten den Arztbesuch während einer Hitzewelle. Auch Ihr Praxisteam profitiert von einem gemäßigteren Raumklima.
So behalten Sie Hitzewarnungen im Blick
Der Deutsche Wetterdienst verschickt Hitzewarnungen per Newsletter. Interessierte Ärztinnen und Ärzte können sich hier anmelden.
Raumtemperatur zu Hause
Betroffene Patienten sollten die Temperatur in ihrem Zuhause mit einem Thermometer überwachen und zwar mehrmals täglich. In den Räumen sollte es nicht wärmer als 25 Grad sein, nachts nicht mehr als 20 Grad. Wenn die Räume wärmer sind, dann sollten sich Patienten im kühlsten Raum aufhalten. Das kann die Küche auf der Nordseite sein oder ein Raum im Souterrain.
Wichtig ist zudem, dass nachts und in den noch kühleren, frühen Morgenstunden stoßgelüftet wird und die Fenster anschließend schattiert werden. Tagsüber können auch in den Zimmern feuchte Tücher aufgehängt werden, um den Effekt der Verdunstungskühle zu nutzen. Wer mag, kann sich auch selbstkühlende Kühlmatten als Sitz- und Schlafunterlage besorgen. Die gibt es ab 20 Euro zum Beispiel für Hunde, eignen sich aber auch prima für Zweibeiner.
Achtsamer Umgang mit sich selbst
Patienten sollten auch darauf achten, dass sie ihren Körper möglichst kühl halten. Sie können sich zum Beispiel durch kalte Duschen, Arm- und Fußbäder im kalten Wasser, feuchte Tücher auf der Haut oder Wassersprays herunterkühlen. Selbstverständlich sollten Hitzegefährdete auch genug trinken, mindestens 1,5 bis zwei Liter am Tag – am besten Mineralwasser, Fruchtsaftschorlen, ungesüßte Kräuter- und Früchtetees. Auf alkoholische Getränke sollten sie verzichten. Da ältere Menschen häufig ein reduziertes Durstgefühl haben, sollten sie auch trinken, wenn sie keinen Durst verspüren. Sie können zudem einen Trinkplan führen, um eine objektive Kontrolle über ihre Flüssigkeitszufuhr zu haben. Wer noch wasserreiches Gemüse und Obst wie Tomaten, Gurken und Melonen isst, tut seinem Körper zusätzlich etwas Gutes.
Verhaltensanpassung während einer Hitzeperiode
Auch das eigene Verhalten sollte bei einer Hitzewelle angepasst werden. Patienten aus der Risikogruppe lassen die Gartenarbeit während der Mittagszeit besser ruhen und verlegen alle Aktivitäten in die Morgen- und Abendstunden. Leichte, luftige Kleidung und eine Kopfbedeckung helfen ihnen, den Körper möglichst kühl zu halten, um ohne gesundheitliche Probleme den Sommer genießen zu können.
ARZT & WIRTSCHAFT fragte die Kolleginnen und Kollegen: Wie bereiten Sie Ihre Praxis auf Hitze vor?
Für Personal und Patienten gibt es kalte Getränke
In den heißen Monaten lüfte ich in den Praxisräumen frühmorgens. Außerdem verdunkle ich die Fenster und kühle so die Räume. Darüber hinaus werden für die Patienten und das Personal kalte Getränke bereitgestellt. Natürlich gebe ich Patienten auch Ratschläge, wie sie gut durch die heiße Jahreszeit kommen.
Dr. med. Agnes Hanslik
Hausärztin aus Herzogenaurach
Im Sommer mache ich aus dem Vorgarten einen Wartebereich
Getränke stehen den Patienten und dem Personal ganzjährig in Form eines Wasserspenders zur Verfügung. Ich habe auch den Vorteil, dass sich meine Praxis im Erdgeschoss eines Altbaus mit dicken Wänden befindet und die Fenster nach hinten in den Garten gehen. Im Sommer stellen wir sogar Bänke in den Vorgarten – so erweitern wir das Wartezimmer nach draußen.
Dr. med. Stefan Rühlmann
Hausarzt aus Heringen