Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis
Inhaltsverzeichnis

Es könnte alles so schön sein: Ein Anruf oder eine Mail beim Hausarzt – und die Verschreibung für Blutdrucksenker, Statine oder andere Medikamente landet fast in Echtzeit auf der Versichertenkarte. Nun noch schnell in die Apotheke, das verordnete Präparat abholen – und die Versorgung ist gesichert. Viele Patienten berichten inzwischen tatsächlich von solchen Aha-Erlebnissen mit dem eRezept.

Erste Bilanz der Ärzteschaft zum E-Rezept fällt gemischt aus

Die erste Zwischenbilanz aus Sicht der Ärzteschaft fällt allerdings gemischt aus. Das belegt eine aktuelle Onlinebefragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), an der sich in der ersten Februarwoche 2024 insgesamt 5.300 Ärztinnen und Ärzte beteiligt haben. Der Erhebung zufolge nutzen 92 Prozent der Befragten das eRezept für das Verordnen verschreibungspflichtiger Medikamente. Und: Mehr als 60 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, dass das Ausstellen der elektronischen Verordnungen – von kleineren technischen Problemen abgesehen – gut funktioniert. 

Ein Kollege brachte es so auf den Punkt: „Das erste Mal, dass man im Rahmen der ganzen Digitalisierung auch eine Erleichterung im alltäglichen Ablauf erfährt! Bisher war alles andere nur eine zusätzliche Belastung, zum Beispiel eAU!“Positiv bewerten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Umfrage unter anderem, dass deutlich weniger Menschen extra in die Praxis kommen müssen, um ein Rezept abzuholen. Das ist nicht nur für die Patienten angenehmer, sondern entlastet auch das Personal. Zudem sei es deutlich einfacher, die Verordnung nachträglich zu ändern als bei einem analogen Rezept. Das sei zum Beispiel von Vorteil, wenn das verordnete Präparat gerade nicht lieferbar ist.

Es gibt noch keine volldigitale E-Rezept-Lösung für Pflegeheimpatienten

Doch auch wenn der Praxistest viele Vorzüge des eRezepts offenbart, die Umfrage zeigt doch auch, dass es vielfach noch Probleme gibt – etwa wenn Patienten technische Probleme beim Einlösen ihres eRezeptes haben.Zudem monieren die Befragten, dass sie trotz der Neuerungen vielfach noch Papierrezepte ausstellen müssten – zum Beispiel, weil Apotheken oder Patienten danach verlangen oder wenn es um Verschreibungen für die Bewohner von Pflegeeinrichtungen geht. 

Dass es noch keine volldigitale Lösung für eRezepte für Menschen in Heimen gibt, bewerten die Ärztinnen und Ärzte auch besonders kritisch. Praxen drucken den eRezept-Token für diese Patienten meistens aus – ein großer Aufwand. Ebenfalls kritisieren die Praxischefs, dass die Krankenkassen ihre Versicherten im Vorfeld des Rollouts nicht informiert hätten, sodass der Löwenanteil der Aufklärungsarbeit bei den Niedergelassenen und dem nichtärztlichen Personal in den Praxen liegt.

Technische Probleme machen Vorzüge oft zunichte

Doch nicht nur der hohe Beratungsaufwand kostet Zeit. Konkret hat mehr als die Hälfte der Befragten auch die Erfahrung gemacht, dass Patientinnen und Patienten zurück in die Praxis geschickt wurden, weil sich das eRezept in der Apotheke nicht einlösen ließ. In solchen Fällen muss dann doch wieder das gute alte Papierrezept bemüht werden. Reibungspunkte im Verhältnis zwischen Apotheke und Arztpraxis gibt es aber auch bei Lieferengpässen. Ist ein bestimmtes Präparat gerade nicht verfügbar, muss die Apotheke das eRezept eigentlich wieder freigeben, damit der Patient es in einer anderen Apotheke einlösen kann. Das geschieht aber längst nicht immer. Die Folge: Die Patienten müssen sich doch wieder an ihren Arzt oder ihre Ärztin wenden und um eine weitere elektronische Verordnung bitten. Statt allen Beteiligten Aufwand zu ersparen, wird das eRezept in solchen Fällen zum Zeitfresser.

Krankenkassen haben sich weggeduckt

Probleme treten vielfach auch beim Übermitteln der Verordnung an den eRezept-Server auf. Immerhin ein Drittel der Umfrage-Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatte damit bereits Probleme. Die Bandbreite der Schwierigkeiten ist groß: Teils gelingt die Übermittlung gar nicht, teils erfolgt die Bereitstellung auf dem Server erst mit Verspätung, obwohl das eRezept signiert und versendet wurde.

Ärgerlich ist aus Sicht vieler Praxis-inhaber zudem die schlechte Umsetzung des eRezepts in den Praxisverwaltungs-systemen. Hier besteht großes Verbesserungspotenzial. Zudem kosten die regelmäßigen Abstürze von Anwendungen und Programmen wertvolle Arbeitszeit. Ein Umfrageteilnehmer kritisierte daher auch: „Die Technik funktioniert ein- bis dreimal pro Woche nicht. Dann zeitaufwendiges Runter- und Hochfahren des PVS oder ewig lange Warteschleife bei der Telefonhotline. Auch bei der Apotheke war schon einen Tag lang alles abgestürzt.“

Wie komfortabel ist eigentlich die Komfortsignatur?

Ein weiterer Schwerpunkt der Umfrage lag darauf, wie Ärztinnen und Ärzte die eRezepte signieren und wie gut dieser Prozess funktioniert. Das Ergebnis: Die Komfortsignatur ist der klare Favorit unter den Niedergelassenen. Vier von fünf Befragten nutzen sie zum Signieren ihrer eRezepte – aus nachvollziehbaren Gründen. Mit der Komfortsignatur müssen Berufsträgerinnen und Berufsträger nur einmal ihre Signatur-PIN eingeben, um danach 24 Stunden lang bis zu 250 Signaturvorgänge vornehmen zu können. 

Nutzen Praxen die Komfortsignatur nicht, gibt es dafür häufig technische Gründe. Mehr als die Hälfte der Nichtnutzer gab an, dass das Verfahren bei ihnen nicht funktioniere. Neun von zehn Ärztinnen und Ärzten, die die Stapel-signatur nutzen, signieren und versenden häufiger als einmal am Tag die eRezepte. Zusätzlich gaben über 90 Prozent von ihnen an, ihre Patientinnen und Patienten darüber zu informieren, wann das eRezept in der Apotheke einlösbar ist.

Digitales Signieren dauert häufig noch zu lang

Ein unerfreuliches Déjà-vu haben viele Praxischefs, was die Dauer der Signatur angeht. Wie bereits bei der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung monieren viele Berufsträger auch beim eRezept, dass das Signieren sehr lange dauert. Dies betrifft auch Praxen, die die Komfortsignatur bereits nutzen. 40 Prozent der Befragten nennen eine Zeitdauer von 15 Sekunden und mehr für das digitale Signieren. Dies führe zu Verzögerungen im Praxisbetrieb.

„Die Ärzte sehen die Vorteile des eRezepts durchaus“, fasst KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner die Ergebnisse der Umfrage zusammen. „Dennoch bestehen vielerorts noch technische Schwierigkeiten, die schnellstens gelöst werden müssen.“ Auch der zeitliche Aufwand sei oft noch zu hoch.

Checkliste fürs eRezept

  • Konnektor ab der Version PTV 5 ist vorhanden

  • eRezept-Update für das Praxisverwaltungssystem ist installiert

  • elektronischer Heilberufsausweis (eHBA) ist vorhanden, um elektronisch qualifizierte Signatur durchführen zu können

  • Komfortsignatur ist aktiviert. Das bedeutet: Die Signatur-Pin des eHBA muss nur einmal eingegeben werden, damit innerhalb von 24 Stunden bis zu 250 eRezepte oder andere Dokumente digital signiert werden können

  • Laser- oder Tintenstrahldrucker mit einer Auflösung von 300 dpi auf DIN-A4 oder DIN-A5-Papier ist vorhanden. Diese eignen sich am besten, um gegebenenfalls einen Ausdruck des eRezepts zu ermöglichen

 

Stichwörter