Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisverkauf

Viele Ärzte irren sich. Und zwar wenn sie denken, dass im Todesfall die gesetzliche Erbfolge reicht und die Frau dann die Praxis erbt, so der Irrglaube. Dabei leben viele Ärzte heute ohne Trauschein mit ihren Lebenspartnern zusammen. Wie übrigens rund drei Millionen deutsche Paare.

Stirbt nun der Inhaber, geht die Praxis nicht einfach „automatisch“ komplett an die Ehefrau oder den Ehemann über. Nur wenn ein gültiges Testament vorliegt, in dem genau steht, wie die Übergabe der Praxis oder das Erbe zu regeln sind, geht dieser Wunsch in Erfüllung. Ansonsten sind Kinder (auch aus vorherigen Ehen) ebenso anteilig erbberechtigt. Und das sorgt oft für Konflikte.

Gibt es keine direkten Nachkommen, sieht die gesetzliche Erbfolge vor, dass das Erbe zunächst an Eltern und dann an Geschwister geht. Falls diese keine Mediziner sind, können sie mit der Praxis im Zweifelsfall aber gar nicht viel anfangen. Wer also sein Lebenswerk geordnet an einen Nachfolger übergeben oder eventuell jemand außerhalb der Familie mit einem Erbe begünstigen will, muss schon zu Lebzeiten Entscheidungen treffen und diese beurkunden.

Nachfolgeplanung frühzeitig einleiten

„Der beste Weg, um die Praxis zu einem guten Verkaufspreis zu übergeben, ist eine frühzeitig eingeleitete Nachfolgeplanung“, sagt Markus Sobau. Der Mannheimer Erbschaftsplaner und Generationenberater mit IHK-Zertifikat erklärt die Gründe: „Ist ein Nachfolger bereits als angestellter Arzt und später als Partner in der Praxis tätig, kann eine spätere Übernahme des Kassensitzes einfacher erfolgen“. Außerdem wirke eine Übergabephase von drei bis fünf Jahren auch bei den Patienten vertrauensbildend. „Der Senior ist noch da – arbeitet vielleicht weniger – und die Menschen gewöhnen sich an das neue Gesicht des Partners und späteren Nachfolgers“, verdeutlicht Sobau den psychologischen Effekt.

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gründen

Hierfür können eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder eine Partnergesellschaft gebildet werden. Das geht am besten über einen Vertrag, der Dinge wie Einlagen, Gewinnverteilung, Geschäftsführung, Pflichten, Urlaub, Krankheit, Sitz und Dauer regelt. Zudem sollte ein Passus zur Nachfolge eingeflochten werden.

Steht die Übergabe an, gilt es ein paar Eckpunkte zu betrachten. Sind etwa Belastungen auf der Praxis? Ist zum Beispiel medizinisches Gerät finanziert oder geleast oder sind andere Darlehensverträge zu bedienen? Abgeber und Praxisübernehmer sollten verbindlich regeln, wer welche Anteile oder Positionen übernimmt, so dass beide Parteien zufrieden sind.

Viele Arztpraxen mit Vorfinanzierung

Weil Krankenkassen zeitversetzt bezahlen, arbeiten viele Arztpraxen oft zur Vorfinanzierung von Kosten (Personal, Miete, etc.) mit einem Kontokorrentkredit. „Auch diesen gilt es vor der Übergabe zu berücksichtigen und auszugleichen“, sagt Sobau und ergänzt: „oder eine Einigung zu finden, wie sich das Minus auf den Kaufpreis der Praxis auswirkt.“

Tritt nun der Erbfall ein, regelt der Gesetzgeber über steuerliche Freibeträge, wie viel Geld an den Fiskus zu überweisen ist. Eine halbe Million Euro können Ehegatten erben, ohne Steuern bezahlen zu müssen. Der Freibetrag für Kinder liegt bei 400.000 Euro.

Doch berücksichtigt das Finanzamt alle Vermögenswerte – nicht nur die Praxis. Besitzt der Arzt vermietete Immobilien, wertvolle Gegenstände oder ein gut gefülltes Wertpapier-Depot, „dann kommen schnell Summen zusammen, die über einer Million Euro liegen“, weiß Sobau. Als Folge reichen die Freibeträge fast nie aus und Erbschaftssteuer wird fällig.

CHECKLISTE

Grundlage für eine reibungslose Praxis-Übergabe:

  • Sich selbst entbehrlich machen: Wer abgeben will, muss rechtzeitig Strukturen schaffen, die es ermöglichen, dass die Praxis eine Zeit lang ohne den Chef funktioniert. Erforderlich ist dafür ein zweiter Vertreter/Kollege, der mit Vollmachten ausgestattet ist und mit dem Sie regelmäßig kommunizieren.
  • Management-Ordner anlegen: Egal, ob ein Übergabeprozess von langer Hand geplant ist oder, ob er abrupt durch Tod oder Krankheit erfolgt, die Nachfolger müssen Zugriff auf alle Verträge, Versicherungen, Kontendaten, Honorarforderungen, Kundenlisten, etc. haben. Diese gehören in einen Notfallordner, der regelmäßig aktualisiert werden sollte.
  • Geeignete Persönlichkeiten suchen: Diese sind nicht zwangsläufig in der eigenen Familie zu finden, deshalb den Suchradius erweitern auf Mitarbeiter, Kollegen und Kooperations-Partner.
  • Über Partnerschaft nachdenken: Wer jüngere Mitarbeiter frühzeitig zum Partner macht, bindet diese an die Praxis und gibt ein Zeichen Richtung Nachfolge. Für einen fließenden Ausstieg ist so eine Partnerschaft, oder die mit einer anderen Praxis, ideal. Vielleicht gibt es in einem anderen Teil der Stadt Kollegen, die einen zweiten Standort eröffnen möchten. Dann kann die Übergabe auch als Erweiterung stattfinden.
  • Praxiswert ermitteln: Dabei werden die Organisations-, Auftrags-, Praxis- und Substanzwerte analysiert und halbjährlich fortgeschrieben. So entsteht ein transparentes und reales Bild, das gleichzeitig Schwachstellen analysiert und die Wertsteigerung der Praxis spiegelt.
  • Konzept und Modell: Zunächst wird ein steueroptimiertes Modell aus Sicht des Übergebers entworfen. Ist der oder die Nachfolgerin gefunden, wird ein Übergabeplan vereinbart. Darin enthalten sind Kaufpreis, Zahlungsmodus, Übergabezeitraum, Patienteninformation und der Weg, mit dem das Personal einbezogen wird.
  • Steuerliche Konzeption: Spätestens jetzt müssen ein Moderator sowie die Steuerberater beider Parteien mit an den Tisch. Ihr Job ist es, Eigentore zu vermeiden, sprich Steuergeschenke, die im schlimmsten Fall zu Liquiditätsengpässen oder gar zur Insolvenz führen. Aus Sicht des Verkäufers ist eine Einmalzahlung des Kaufpreises ideal. Als Kompromiss etablieren sich Kaufpreis-Anzahlungsmodelle, mit einer anschließenden Abzahlung aus dem Übergewinn (Gewinn abzüglich Unternehmerlohn).
  • Parametervertrag: Aus der „Wunschliste“ unter Punkt sechs formulieren die Parteien einen Parametervertrag. Hierin sind notariell der Kaufpreis und die Zahlung geregelt. Hinzu kommen Verträge über Kundeninformationen, Räumlichkeiten, Mietverträge, etc. Der Partnervertrag ist frei von juristischen Floskeln und daher für alle Beteiligten verständlich. Aus ihm können dann Rechtsanwälte wasserdichte Verträge ableiten.