Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis

Rund jeder fünfte zugelassene Arzt geht in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand. Doch Ärzten geht es oft nicht anders als vielen Unternehmern: Ihnen fällt es schwer, ihr Lebenswerk in neue Hände zu geben. Viele Praxisinhaber lassen sich lange Zeit, bevor sie sich um den Praxisverkauf kümmern. „Praxisinhaber sollten mit einer Vorbereitungszeit von zwei bis zu fünf Jahren kalkulieren“, erklärt Dr. Lars Lindenau, Rechtsanwalt für Medizinrecht der Kanzlei ETL am Standort Erlangen. Frühzeitige Planung ist wichtig, um nicht unter Druck verkaufen zu müssen. Es muss schließlich zunächst ein geeigneter Praxisnachfolger gefunden werden. Woran Sie im Vorfeld denken sollten:

Zulassung des Nachfolgers bei der Abgabe der Arztpraxis

Die Übernehmer benötigen in gesperrten Bereichen die Zulassung des Abgebers, um Kassenpatienten behandeln zu dürfen. Die Praxisnachfolge erfordert zwei Termine des Zulassungsausschusses, der über die Nachfolge bestimmt. Auch deshalb sollte die Übergabe gut vorbereitet sein. Für das formale Praxisnachfolgeverfahren sollten die Übergeber ein Zeitfenster von mindestens einem Jahr kalkulieren. „Da die Zulassungsausschüsse bei den Kassenärztlichen Vereinigungen ein Wort mitreden, gibt es immer ein Risiko“, so Lindenau.

Bei Ausschreibungen können noch andere Bewerber zum Zuge kommen. Der Abgeber aber will grundsätzlich seinen Wunschnachfolger durchsetzen. Er nimmt daher mit den Bewerbern auf der Liste Kontakt auf, telefoniert diese ab und erklärt ihnen sinngemäß, dass sie im Nachfolgeverfahren keine Chance haben. Sie mögen ihre Bewerbung zurückziehen, weil es einen Wunschkandidaten des Abgebers gibt. „So versucht man, im Vorfeld die Entscheidung des Zulassungsausschusses zu steuern, damit nur noch der Wunschkandidat übrig bleibt. In vielen Fällen gelingt das auch“, so Lindenau.

Gesetzliche Pflichten zur Abgabe des Personals

Der Übernehmer ist verpflichtet, die Mitarbeiter zu übernehmen. Das ist gesetzlich so geregelt (Paragraf 613 a BGB) und dient dazu, die Beschäftigten vor Entlassungen aufgrund der Betriebsübernahme zu schützen. „Oft arbeitet zum Beispiel der Ehepartner in der Praxis mit. Der Abgeber sollten die Arbeitsverträge vor dem Verkauf beenden. Viele Übernehmer haben kein Interesse daran, mit Angehörigen des Abgebers weiterzuarbeiten“, erklärt Experte Lindenau.

Inventarverzeichnis der Arztpraxis für den Verkauf

In einem detaillierten Inventarverzeichnis sind dann jegliche Wirtschaftsgüter und Werte zu erfassen, die übernommen werden sollen. Ein solches Verzeichnis kann zum Beispiel der Steuerberater erstellen. Später wird dies als Anhang Bestandteil des Kaufvertrags. Das ist wichtig: Oft kommt es im Nachhinein zum Streit zwischen den Parteien, wenn nicht von vornherein klar zwischen dem Vermögen der Praxis und dem Privatvermögen des Verkäufers unterschieden wird. In der Regel soll das Eigentum „wie gesehen“ übergehen. Der Verkäufer muss also jedes Buch im Regal stehen lassen und darf auch keine Kunstwerke von den Wänden mit nach Hause nehmen.

Kaufpreis der Arztpraxis ermitteln

Der Wert der Praxis sollte seriös ermittelt werden. „Dazu genügt die Stellungnahme eines versierten und langjährig tätigen Ärzte- oder Zahnärzteberaters. Ein Sachverständigengutachten ist generell nicht nötig. Damit haben die Parteien eine objektivierte Grundlage für die Preisverhandlungen“, so Lindenau. Momentan stehen viele Praxen zum Verkauf – die Babyboomer gehen in Rente. „Wir haben einen Nachfragemarkt“, so Lindenau. Daher haben die Übernehmer gute Karten, einen günstigen Preis auszuhandeln. Dieser kann unter dem örtlichen Marktwert liegen. Das ist nicht anders als beim Hauskauf: „Man verhandelt und kann im Einzelfall auch pokern“, so Experte Lindenau.

Räumlichkeiten der Praxis im Mietvertrag

Der Käufer führt regelmäßig den Mietvertrag weiter, sofern der Standort attraktiv ist. Die Vermieter sind in der Regel froh darüber, wenn der Praxisbetrieb fortgeführt wird. Nur in besonderen Fällen kann der Immobilieneigentümer den Einstieg des Nachfolgers verweigern – etwa bei fehlender Bonität. Das kommt in der Praxis aber kaum vor.

Umgang mit Patientenstamm beim Praxisverkauf

Der Übernehmer zahlt den weitaus größten Teil des Kaufpreises für die Fortführung des Patientenstamms. Die Patientenkartei wird nach dem sogenannten „Zwei-Schrank-Modell“ übertragen. Es ist stets die Einwilligung des jeweiligen Patienten in die Behandlung durch den Übernehmer erforderlich, sonst ist der Praxiskaufvertrag nichtig.

Konkurrenzschutzklausel für Praxisinhaber

Die Übernehmer wollen vermeiden, dass der Abgeber in der Nähe mit kleinerer Praxis weitermacht. Der Verkäufer sollte sich also vor dem Kauf gut überlegen, was er künftig vorhat. Konkurrenzschutzklauseln sollten im Zweifel vermieden werden, zumal sie in vielen Fällen juristisch angreifbar und mit hohen Vertragsstrafen bei einem Verstoß verbunden sein können.