Neue Mitarbeiter in der Arztpraxis: So kann die Probezeit verlängert werden
A&W RedaktionDie Probezeit dient dem gegenseitigen Kennenlernen, kann aber bei längerer Krankheit oder Quarantäne zu kurz bemessen sein. Wie Ärztinnen und Ärzte sich behelfen können, ohne sich schon auf die neuen Mitarbeiter festzulegen.
Die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit – diese Formulierung findet sich in fast allen Arbeitsverträgen. Die Probezeit dient bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis dem gegenseitigen Kennenlernen: Passt der oder die Neue ins Praxisteam und entsprechen seine oder ihre Leistungen den Erwartungen? Wenn nicht, können sich sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer jederzeit mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen voneinander trennen, solange der Ausspruch der Kündigung noch innerhalb der Probezeit erfolgt.
Sind alle zufrieden, muss dagegen nichts weiter getan werden. Mit dem Ablauf von sechs Monaten gilt die vertraglich vereinbarte, tarifliche oder gesetzliche Kündigungsfrist. Vor allem aber genießen Mitarbeiter in größeren Praxen mit mehr als zehn Arbeitnehmern Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Der Chef kann sich nur noch schwer trennen. Damit ist eine über sechs Monate hinausgehende Probezeit in vielen Fällen praktisch wertlos.
Sechsmonatige Befristung zur Probe
Eine andere Möglichkeit, einen neuen Mitarbeiter zunächst unverbindlich kennenzulernen, ist die Vereinbarung einer sechsmonatigen Befristung zur Probe. Sie ist ausdrücklich im Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG). Die Erprobungsdauer darf jedoch nicht unangemessen lang sein – nur so lang, wie zur Erprobung erforderlich. Die Rechtsprechung sieht einen Zeitraum von sechs Monaten in der Regel als angemessen an. Für eine längere Befristung müsste der Arbeitgeber gute Gründe vorweisen können.
Das Probearbeitsverhältnis endet automatisch mit dem Ablauf der Befristung. Möchte der Arzt oder die Ärztin den Kandidaten übernehmen, muss ein neuer, in der Regel unbefristeter Vertrag geschlossen werden. In der Praxis ist diese Art des Kennenlernens jedoch wesentlich seltener. Denn in Berufen, in denen ein Arbeitskräftemangel herrscht, wie etwa bei medizinisch-technischen Assistentinnen und Assistenten, finden sich wenige Bewerber, die sich mit dieser Vertragsgestaltung einverstanden erklären.
Verlängerung der Probezeit mit Trick möglich
Wer als Arzt oder Ärztin in Zeiten von Corona eine Stelle im Praxisteam neu zu besetzen hat, kann mit einer klassischen Probezeit jedoch schnell in die Bredouille geraten. Nämlich dann, wenn der oder die Neue selbst an COVID-19 erkrankt oder sich wochenlang in Quarantäne befindet und weder Chef noch Kollegen beurteilen können, ob Leistung und Teamgeist passen. Darf in diesen Fällen eine Probezeit verlängert werden?
Die Verlängerung einer klassischen Probezeit ist nur denkbar, wenn sie zunächst auf weniger als sechs Monate angelegt war. Wer etwa eine dreimonatige Erprobung vereinbart hat, kann auf sechs Monate aufstocken. Allerdings muss der Mitarbeiter der Verlängerung zustimmen.
Daher bietet sich in Fällen, in denen es aus besagten Gründen nicht möglich war, den Mitarbeiter richtig kennenzulernen, folgendes Vorgehen an: Chefin oder Chef können das Arbeitsverhältnis noch in der Probezeit beenden – allerdings nicht mit der zweiwöchigen Kündigungsfrist, sondern mit einer viel längeren. Gleichzeitig können sie anbieten, danach ein neues Arbeitsverhältnis abzuschließen, wenn sich der Mitarbeiter in dieser Zeit bewährt. Das ist ein juristischer Kunstgriff, der es ermöglicht, den Mitarbeiter über die ersten sechs Monate hinaus zu prüfen, und der von der Rechtsprechung grundsätzlich abgesegnet ist. Allerdings muss die Kündigungsfrist noch angemessen sein. Länger als vier Monate sollte sie nicht sein.
Auslauffrist vereinbaren
In die gleiche Richtung zielt ein Aufhebungsvertrag. Auch hier kann eine verlängerte, aber noch angemessene Auslauffrist vereinbart werden. Voraussetzung ist auch hier eine Zusage, den Mitarbeiter bei überzeugender Leistung wiedereinzustellen. Beide Varianten bergen die Chance, sich doch noch ein realistisches Bild vom neuen Mitarbeiter machen zu können, ohne sich fest zu binden.
Kleine Arztpraxen |
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In Praxen mit nicht mehr als zehn Arbeitnehmern gilt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht. Hier kann auch noch nach Ablauf von sechs Monaten jederzeit ordentlich gekündigt werden. |