Niederlassung: Ärztinnen sind jetzt in der Überzahl
A&W RedaktionMehr Berufsträger, aber weniger Arzt-Stunden. Mehr Frauen in der ambulanten Versorgung, aber ein Rückgang bei den Niederlassungen: Was die aktuellen Zahlen über den Zustand des Gesundheitswesens verraten.
Das gab es noch nie: Der Anteil der Ärztinnen in der ambulanten Versorgung in Deutschland liegt erstmals bei mehr als 50 Prozent.
Das geht aus der aktuellen Arztzahlstatistik der KBV (Kassenärztliche Bundesvereinigung) für das Jahr 2022 sowie den aktuellen Zahlen der Stiftung Gesundheit hervor.
Demnach stieg die Frauenquote im Laufe des Jahres 2022 von 49,5 Prozent auf 50,3 Prozent (s. Grafik unten). Die Statistik zeigt zudem, dass der Anteil in den jüngeren Altersgruppen am höchsten ist. In der Gruppe bis 39 Jahre beträgt das Verhältnis 58 Ärztinnen zu 42 Ärzten, in der Gruppe über 65 Jahre liegt es hingegen bei 72,6 Ärzten zu 27,4 Ärztinnen.
Mehr Köpfe, weniger Zeit
Auch die Zahl der im Vertragsarztwesen tätigen Berufsträger ist im betrachteten Zeitraum gestiegen. Insgesamt nahmen laut KBV 185.298 Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Damit hat sich die Anzahl nach Köpfen gegenüber 2021 um 1.962 erhöht – ein Plus von 1,1 Prozent.
Mehr Zeit für Patienten gibt es dadurch allerdings nicht. Im Gegenteil. Durch den anhaltenden Trend zur Teilzeit entstand im vergangenen Jahr sogar ein leichtes Minus von 0,1 Prozent.
Lieber angestellt als Chefin
Noch deutlicher ist der Rückgang bei den Ärzten in eigener Praxis. Laut Stiftung Gesundheit ist die Zahl der niedergelassenen Kollegen so gut wie überall rückläufig. Das deutlichste Minus hier verzeichnet Nordrhein-Westfalen mit einem Rückgang von 19,0 Prozent. Das entspricht in etwa 4.700 Ärzten, die nicht (mehr) in eigener Praxis tätig sind.
Festanstellungen hingegen gewinnen weiter an Bedeutung: Die Zahl der ärztlichen Behandler in Praxen und Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) stieg im vergangenen Jahr um 33,4 Prozent. Den größten Zuwachs gab es auch hier in NRW – mit rund 4.600 angestellten Kollegen mehr als im Vorjahr. Insgesamt lag die Zahl 2022 bei 46.109. Das ist seit 2012 ein Plus von 141 Prozent.
Vor diesem Hintergrund fordert KBV-Vorstandschef Andreas Gassen von der Politik, die Rahmenbedingungen zu verbessern, damit die Niederlassung für junge Kolleginnen und Kollegen attraktiv bleibe. Zwar sei die Mehrheit der niedergelassenen Ärzte nach wie vor klassisch in der eigenen Praxis tätig. Die Quote lag 2022 bei 64 Prozent. Dennoch sei der Trend zur Festanstellung nicht zu übersehen.
Es gehe daher vor allem darum, die Wertschätzung der geleisteten Arbeit in der Niederlassung zu betonen. Diese sei mit rund 650 Millionen Behandlungsfällen jährlich enorm. „Ohne Praxen geht Versorgung einfach nicht – auf diesen Nenner lässt sich das bringen“, so Gassen.