Kommunikation: Was Sie besser nicht zu Ihren Patienten sagen
Melanie HurstWas Ärztinnen und Ärzte sagen und was Patienten davon verstehen, ist oft zweierlei. US-Forscher fanden nun heraus, dass diese Diskrepanz durch die Wortwahl der Ärzte verstärkt werden kann. Umgekehrt gibt es aber auch Sätze, die hilfreich sind.
Manche Worte richten Schaden an. Besonders in Gesprächen mit Schwerkranken tun Ärztinnen und Ärzte Gutes, wenn sie mit ihrer Wortwahl achtsam umgehen. Eine aktuelle Studie der renommierten Mayo-Klinik, einer US-amerikanischen Non-Profit-Organisation mit Sitz in Minnesota, zeigt nun auf, welche Wörter und Ausdrücke besser nicht gesagt werden sollten.
Die US-Forscher unterzogen dafür ihren Klinikalltag einer Prüfung und befragten zusätzlich zwanzig Kolleginnen und Kollegen, mit welchen Sprachausdrücken sie positive oder negative Erfahrungen gemacht hatten. Zudem führten sie eine Literaturrecherche durch, um bewährte Praktiken bei schwierigen Patientengesprächen zu sammeln. Dabei kam heraus: Prinzipiell ist ein sensibler und ehrlicher Dialog mit schwerkranken Patienten eine große Herausforderung. Denn im arbeitsdichten Berufsalltag bleibt wenig Zeit für ausführliche Gespräche. Zudem entwickeln sich die Therapiemöglichkeiten rasant fort. Diese sind allerdings oft so komplex, dass sie für Laien schwer verständlich sind. Auch dieser Faktor verschärft Kommunikationsprobleme zusätzlich.
Negative Fallbeispiele aus der Studie
Zudem können bestimmte Wörter und Ausdrücke Patienten besonders stark verängstigen. Ein praktisches Fallbeispiel aus der Studie: „Ein Arzt sagte: ‚Wir können die Behandlung fortsetzen oder wir können nur unterstützende Pflege machen.‘ In diesem Zusammenhang ist das Wort ,nur‘ aber ungünstig, weil es ein Werturteil darstellt. Es impliziert, dass die unterstützende Pflege ein minimalistischer, suboptimaler Ansatz ist – ungeachtet der geringen Wahrscheinlichkeit eines klinischen Nutzens und der potenziellen Belastungen durch die fortgesetzte Behandlung. Daher sollte man das Wort ‚nur‘ aus diesem Satz herausnehmen.“
Ebenfalls schwierig ist zum Beispiel folgender Satz gegenüber einem Krebskranken: „Darüber sollten wir uns jetzt keine Gedanken machen.“ Er offeriert keine klare Antwort und übergeht die berechtigten Sorgen des Patienten. In eine ähnliche Kategorie fällt der Satz: „Sie haben Glück, dass es nur Stadium 2 ist.“ Dieser Satz wirkt anmaßend und unterstellt, dass der Patient Dankbarkeit empfinden sollte. Es bleibt kein Raum für die Ängste des Patienten.
Positive Alternativausdrücke
Die Wissenschaftler filterten allerdings nicht nur problematische Wörter und Ausdrücke heraus. Mithilfe bewährter Kommunikationsmodelle entwarfen sie auch hilfreiche Alternativen, die das Verständnis und die Selbstwirksamkeit der Patienten unterstützen.
|
Eine hilfreiche Kommunikationstaktik ist zum Beispiel auch die Methode „Fragen-erzählen-fragen“. Das heißt: Der Arzt oder die Ärztin stellt eine Ausgangsfrage, um das Verständnis des Patienten zu beurteilen: „Was haben Ihnen andere Ärzte bisher über Ihre Herzinsuffizienz gesagt?“ Danach werden dem Patienten Informationen über die Prognose und die Behandlung mitgeteilt und anschließend eine zweite Frage gestellt: „Welche Fragen haben Sie zu dem, was ich Ihnen erzählt habe?“ Oder: „Wie würden Sie dies jetzt Ihrer Familie erklären?“
Empfehlungen fürs Patientengespräch
Selbstverständlich kommt es bei aller Kommunikationsstrategie immer auf den Kontext an. Besteht eine lange, vertrauensvolle Patientenbindung, können in einer Palliativsituation direkte ehrliche Worte an die Familie das Beste sein: „Er wird sterben.“ Die gleichen Worte können hingegen bei unbekannten Personen verheerend wirken.
Was aber tun, wenn einem doch ein Satz herausrutscht, der nicht optimal war? Auch darauf haben die Forscher der Mayo-Klinik eine Antwort: Ein Satz wie: „Es tut mir leid, das kam falsch an. Wäre es in Ordnung, wenn ich noch einmal beginne?“ ist eine einfache Möglichkeit, eine Unachtsamkeit einzugestehen und den Sachverhalt nochmal umsichtiger zum Audruck zu bringen.
ARZT & WIRTSCHAFT-Umfrage: Wie gestalten Sie Patientengespräche?
Bei schwerwiegenden Befunden spreche ich alles direkt an
Wenn ich einen schwerwiegenden Befund mitteilen muss, agiere ich in der Situation aus dem Bauch heraus. Allerdings spreche ich auch nicht viel darum herum, sondern lieber direkt. Ich erinnere mich an eine besonders herausfordernde Situation bei einem dementen Patienten mit einer Krebserkrankung. Es hatten sich Metastasen gebildet. Die Diagnose musste ich ihm immer wieder mitteilen, da er sie wieder vergaß. Trotzdem musste er daraufhin therapiert werden. Manchmal ist es aber besser, im Vergessen zu leben als in der Wahrheit. Wenn zum Beispiel ein dementer Patient immer wieder nach seiner verstorbenen Frau ruft, ist es leichter, ihm in diesem Moment zu sagen, sie komme gleich. Er hat es sowieso im nächsten Moment wieder vergessen und für den Augenblick ist er beruhigt.
Thomas Riefler, Hausarzt aus Bad Wörishofen
Ich agiere nach Bauchgefühl und nehme die Hand des Patienten
Da ich meist die ganze Familie eines Patienten über Jahre hinweg betreue, agiere ich bei der Mitteilung einer Diagnose über eine ernsthafte Erkrankung nach Bauchgefühl. Fast immer stelle ich einen Körperkontakt her und nehme die Hand des Patienten. Denn ich habe die Erfahrung gemacht, dass das beim Patienten eine große Entspannung bewirkt.
Andreas Reul, Hausarzt aus Kirchenlamitz