Gravierende Sicherheitslücken im Gesundheitswesen
Judith MeisterSensible Patientendaten unterliegen besonders strengen Datenschutzvorschriften. Eigentlich. Denn in der Praxis kommt es häufig zu verheerenden Datenlecks. Dem Personal in Praxen und Kliniken beschert das zusätzlichen Stress – und eine große Menge an Arbeit.
o7. Juni 2023: Bei einem Cyberangriff auf die Gesundheit Nord (Geno) werden Daten kopiert, die später in Großbritannien und Neuseeland entdeckt wurden.
15. Juni 2023: Wegen eines kaputten Routers geht am Universitätsklinikum Köln für mehrere Stunden nichts mehr.
19. Juni 2023. Die Barmer informiert ihre Kunden über ein Datenleck, das bei einem Dienstleister für das Prämienprogramm der Kasse aufgetreten ist.
Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Denn die aufgezählten Datenlecks und Technikprobleme sind keineswegs bedauerlicher Einzelfälle, sondern belegen einen besorgniserregenden Trend im Gesundheitswesen.
Eine repräsentative Studie des IT-Dienstleisters SOTI belegt, dass allein in den vergangenen beiden Jahren rund 79 % aller Einrichtungen in der Gesundheitsbranche in Deutschland von einem Datenschutzvorfall oder einem Datenleck betroffen waren. Mehr als die Hälfte (57 %) der Umfrageteilnehmer gaben demnach an, seit 2021 schon mal Opfer eines externen Angriffs geworden zu sein. Bei 59 % der Befragten verursachten die eigenen Mitarbeiter ein Datenleck.
83 % der Studienteilnehmer haben deshalb die (berechtigte) Sorge, dass sensible Patientendaten in die falschen Hände geraten könnten – sei es durch die unbeabsichtigte Offenlegung, einen Verlust von Daten, oder den unautorisierten Zugriff bzw. Diebstahl wertvoller Informationen. Sorge macht den Befragten zudem, dass nicht genügend Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um solche Worst-Case-Szenarien zu verhindern.
Digitalisierung in Deutschland: (teilweise) besser als ihr Ruf
Allerdings bietet die Studie auch Anlass zu verhaltenem Optimismus und gewährt Einblicke in den Stand der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens. Die Werte belegen, dass die Akzeptanz neuer Technologien hier ungeahnt hoch ist: Klassische Hardware wie Tablets und Laptops, Smartphones sowie Scanner und Drucker gehören bereits zur Grundausstattung.
Zudem gaben 95 % der befragten HealthCare-IT-Fachkräfte in Deutschland an, dass die Nutzung Künstlicher Intelligenz oder Virtual Reality innerhalb ihrer Organisation hohe Priorität habe. 78 % der Organisationen prüfen die Einführung solcher Technologien bereits oder haben sie schon implementiert.
Wenn Technik wertvolle Ressourcen bindet
Unerfreulich ist hingegen, dass es nach wie vor weder ein flächendeckendes Monitoring noch Management-Tools zur Remote-Verwaltung und -Reparatur der Geräteflotte gibt. Dadurch werde wertvolle Arbeitszeit verschwendet.
So verlieren 38 % der Befragten pro Woche zwischen drei und fünf Stunden ihrer Arbeitszeit, weil sie mit technischen oder systemischen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Bei etwa einem Fünftel der Befragten sind es sogar sechs bis acht Stunden. Damit geht wegen schlecht gewarteter Technik mitunter ein ganzer Arbeitstag verloren. Pro Woche.