Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Buchhaltung

Früher war alles einfach. Niedergelassene Ärzte, die neues Personal brauchten, gaben eine Stellenanzeige auf. Dann suchten sie sich den Kandidaten aus, der ihnen am besten gefiel und ins Praxis-Team passte. Heute ist das anders. Jedes Wort in der Stellenausschreibung muss genau überlegt werden. Ein Praxisinhaber, der sich während eines Bewerbungsverfahrens nur dem Verdacht aussetzt, einen Bewerber aus diskriminierenden Gründen abgelehnt zu haben, muss mit unschönen Konsequenzen rechnen. Das Nachspiel ist für den niedergelassenen Arzt vor allem teuer.

Jede Bewerbung ist für den Arzt ein Risiko

Schuld ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Es verpflichtet Arbeitgeber, bereits während des Bewerbungsverfahrens jede Benachteiligung zu vermeiden. Die Ablehnung darf mit nichts begründet sein, das an die Rasse und ethnische Herkunft, das Geschlecht, die Religion oder Weltanschauung, eine mögliche Behinderung, das Alter oder die sexuelle Identität eines Kandidaten oder einer Kandidatin anknüpft. Beachten Praxisinhaber das nicht, machen sie sich schadenersatzpflichtig.

Die Idee dahinter ist gut und nachvollziehbar: Dass Männer und Frauen, Homosexuelle und Heteros, Atheisten und Religiöse, Alte und Junge, Deutsche und Ausländer am Arbeitsmarkt dieselben Chancen haben sollen, ist eigentlich selbstverständlich. Der Gesetzgeber wollte dieses Recht mit entsprechenden Vorgaben zementieren. Die strikte Anwendung der AGG-Regeln treibt in der Praxis aber oft absurde Blüten.

Wie die Gerichte entscheiden

Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ist zum Beispiel schon die Formulierung „Berufseinsteiger“ in einer Stellenanzeige diskriminierend, weil sie Bewerber höheren Alters von vornherein ausschließt (Az.: 13 Sa 1198/13). Auch mit Formulierungen wie “suchen junge, dynamische Mitarbeiterin” sollte man vorsichtig sein: Mit dieser Formulierung werden nicht nur ältere, sondern auch männliche Bewerber diskriminiert.

Doch nicht nur die Formulierung der Stellenausschreibung kann dem niedergelassenen Arzt zum Verhängnis werden. Auch bei der Entscheidung für oder gegen einen Bewerber machen sich Ärzte oft angreifbar.

So verurteilte etwa das Arbeitsgericht Berlin einen Zahnarzt zur Zahlung von drei Monatsgehältern Schadenersatz an eine abgelehnte Bewerberin. Er hatte die Muslima nicht als Auszubildende eingestellt, weil diese in der Praxis ihr Kopftuch nicht ablegen wollte (Az. 55 C1 2426/12). Begründung des Gerichts:  Das Tragen des Kopftuches sei eine unmittelbare Ausübung der Religion. Der Arzt als privatrechtlicher Arbeitgeber habe das zu akzeptieren. Andernfalls verstoße er gegen das AGG – und müsse zahlen. Da half auch der Hinweis des Zahnarztes nicht, dass er das Kopftuch nicht akzeptieren wollte, weil es den hygienischen Vorschriften der Praxis widersprach.

Vorsichtsmaßnahmen für Ärzte auf Personalsuche

Es gibt also leider eine Menge Fallen bei der Personalsuche. Um den Bewerbungsprozess möglichst reibungslos über die Bühne zu bringen, sollten Ärzte daher die folgenden Tipps beherzigen

Reduzieren Sie die Stellenausschreibung auf das Wesentliche: Es reichen Angaben zur gewünschten Qualifikation (Ausbildung, Zusatzqualifikationen, Sprachkenntnisse, EDV-Kenntnisse etc.) und den erforderlichen Softskills (Kommunikationsvermögen, Teamfähigkeit etc.).

Verwenden Sie durchgängig geschlechtsneutrale Bezeichnungen. Das gilt nicht nur für die Überschrift (statt: „Arzthelferin gesucht“ schreiben Sie also „MFA (m/w) gesucht“). Auch der Text sollte vom ersten bis zum letzten Wort beide Geschlechter ansprechen bzw. geschlechtsneutral gehalten sein.

Vermeiden Sie Vorgaben zum Alter. Aussagen wie „zur Verstärkung unseres jungen Teams“ sind bereits ein Anknüpfungspunkt für Diskriminierungsklagen. Auch bestimmte Attribute, die gerne mit besonders jungen oder eher älteren Menschen verknüpft sind, sollten tabu sein. Wer „eine Persönlichkeit mit Lebenserfahrung“ sucht, muss damit rechnen, dass ein Mitzwanziger sich diskriminiert fühlt.

Verzichten Sie auf die ausdrückliche Anforderung von Bewerbungsunterlagen mit Foto. So setzen Sie sich nicht dem Verdacht aus, einen Bewerber wegen einer sichtbaren Behinderung oder seiner Religionszugehörigkeit (Kopftuch) diskriminiert zu haben.

Tabu sind auch auf Vorgaben wie „Muttersprache deutsch“ oder „deutsche Staatsangehörigkeit“. Verlangen dürfen sie lediglich „perfekte Kenntnisse der deutschen Sprache“.

Setzen Sie ein Limit für den Eingang der Bewerbungen. So können all jene, die zu spät geschrieben haben, schon nicht mehr gegen Sie klagen.

Begründen Sie niemals, warum Sie einen Bewerber abgelehnt haben. Jedes überflüssige Wort bietet unnötige Angriffsfläche für potenzielle Klagen.