So haben Sie Ihre Praxisfinanzen fest im Blick
A&W RedaktionDie meisten Praxisbesitzer haben einen Steuerberater, der sich um die Buchhaltung kümmert. Als Unternehmer ist es aber auch für Ärzte hilfreich, die Zahlen ihrer Praxis selbst analysieren zu können. Hier ein Leitfaden für betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse.
Mehr denn je ist es in der Arztpraxis erforderlich, sich mit den betriebswirtschaftlichen Rahmendaten und Zahlen der Praxis auseinanderzusetzen und sie selbst zu verstehen.
Dazu gehören die regelmäßige, unterjährige Überprüfung der gesamten Einnahmen und die Analyse der Ausgaben. Gerade neu niedergelassene Ärzte können anfangs oft nicht genau absehen, welche Steuerzahlungen anfallen werden und welche Entnahmen sie sich für private Zwecke genehmigen können. Besteht hierüber kein Überblick, fallen erfahrungsgemäß hohe Steuernachzahlungen an und die Entnahmen sind zu hoch.
Regelmäßige Kontrolle der Vorauszahlungen
Häufig passiert es, dass für das Finanzamt das Ergebnis wegen erwünschter niedriger Vorauszahlungen zu niedrig und für die privaten Zwecke zu hoch eingeschätzt wird. Um solche Fehlentwicklungen zu vermeiden, hat der Inhaber der Praxis mehrere Instrumente der Betriebswirtschaft als Hilfestellung.
Das zentrale Element zur Abbildung der betrieblichen Finanzflüsse ist die sogenannte Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) des Einkommensteuergesetztes. In ihr werden alle Einnahmen und Ausgaben der Praxis erfasst und nach Bereichen sortiert. Dafür werden alle Zu- und Abflüsse eines Jahres berücksichtigt. Die EÜR wird in der Regel durch den Steuerberater im Laufe des Folgejahres erstellt und ist damit bei ihrem Vorliegen schon nicht mehr aktuell. Sie ist aber für das Finanzamt und vor allem auch für die Kreditinstitute, die die junge Praxis mit den notwendigen Darlehen versorgt haben, unerlässlich.
Unterjährig unterstützt die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) den Praxisinhaber. Die BWA als kurzfristige Erfolgsrechnung ist letztlich nichts anderes als eine verkürzte EÜR mit nahezu allen relevanten Daten und Zahlen zur Beurteilung und Kontrolle der Praxissituation und der finanzwirtschaftlichen Entwicklung. Insbesondere auch zum Vergleich des entsprechenden Vorjahreszeitraums. Sie sollte als Ergebnis der Finanzbuchhaltung im Quartal oder auch monatlich, zeitnah zu den Buchungsereignissen erstellt werden. Mithilfe eines Standardkontenrahmens werden die Betriebseinnahmen wie Kassenabrechnung, Privatliquidation, Selbstzahlerleistungen sowie Betriebsausgaben wie Praxisbedarf, Personal- und Raumkosten abgebildet und ein entsprechendes vorläufiges Ergebnis für den gebuchten Zeitraum ermittelt.
Verzögerungen bei den Einnahmen
Vorwiegend im Jahr der Gründung einer Praxis ist zu beachten, dass Einnahmen aus der kassenärztlichen Versorgung zeitversetzt anfallen und auch Privatliquidationen mit einer Verzögerung auf dem Praxiskonto eintreffen. Die KVen zahlen in aller Regel je vier Raten pro gearbeitetem Quartal. Konkret werden zwei Raten im ersten und zweiten Monat des Quartals geleistet, eine Rate erfolgt im dritten Monat des Folgequartals und eine Schlussrate wird im ersten Monat des nachfolgenden Quartals geleistet.
Einnahmen aus Privatliquidationen können erst anfallen, wenn die Rechnungen erstellt wurden und die Patienten diese – häufig mit der gesetzlichen Zahlungsfrist von 30 Tagen – bezahlt haben. Im Gegensatz dazu fallen die Ausgaben meist früher an, sodass die schon angesprochenen Kreditinstitute die junge Praxis anfänglich mit Startkapital ausstatten müssen.
Finanzplan aufstellen
Hieraus leitet sich der Bedarf für eine integrierte Ertrags- und Liquiditätsplanung ab. Insbesondere die Praxis in den Gründungsjahren sollte mithilfe des Steuerberaters eine solche Planung aufstellen. Diese beginnt mit dem betrieblichen Teil, der alle Einnahmen und Ausgaben erfasst und als Ergebnis den Gewinn aus der ärztlichen Tätigkeit ausweist. Häufig werden über das Praxiskonto des Arztes auch private Vorsorgeaufwendungen, Steuerzahlungen und sonstige feste Verpflichtungen bezahlt, sodass diese konstanten Zahlungen stets vorliegen. Daher kann die Planung auch diese privaten Aufwendungen, Ausgaben für Darlehenstilgungen (die Darlehenszinsen sind steuerlich abzugsfähiger Aufwand der Praxis und daher im Bereich der Ergebnisermittlung bereits berücksichtigt) und eine monatlich feste Entnahme für sonstige Lebenshaltungskosten vorsehen.
Eine Besonderheit der Planung besteht in der Berücksichtigung von Investitionen für die Praxis. Deren Aufwand wird steuerlich ab einer bestimmten Größenordnung nicht mehr in voller Höhe sofort anerkannt, sondern der Aufwand muss über die Nutzungsdauer des Investitionsgutes verteilt werden. Hierdurch ergeben sich Abflüsse liquider Mittel, die jedoch erst in Zeitraum mehrerer Steuerjahre zu Aufwand werden. Der Aufwand wird als Abschreibung bezeichnet. In die Liquiditätsplanung geht nur der Auszahlungsbetrag für die Investitionsgüter ein.
Als Ergebnis dieser Planung ergibt sich der Liquiditätsüberschuss oder -bedarf der Planungsperiode. Diese kann quartalsweise oder jährlich erfolgen.
Wirtschaftliche Steuerungselemente für Praxisinhaber
Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR)
- In ihr werden alle Einnahmen und Ausgaben der Praxis erfasst und nach Bereichen sortiert.
- Allerdings nur jährlich dadurch ermöglicht die EÜR nur einen zeitverzögerten Überblick.
Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA)
- Sie ist quasi eine verkürzte EÜR mit nahezu allen relevanten Daten zur Beurteilung und Kontrolle der wirtschaftlichen Praxissituation.
- Pro Quartal oder monatlich, so haben Ärzte stets einen aktuellen Überblick über die finanzwirtschaftliche Entwicklung ihrer Praxis.
Autor: Bastian Koecke