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Buchhaltung

Korrigiert der Unternehmer eine Rechnung für eine Leistung, wirkt sich das auch rückwirkend auf den Vorsteuerabzug aus. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem kürzlich veröffentlichen Grundsatzurteil (vom 20. Oktober 2016, Az.: V R 26/15) entschieden. Damit stellt sich das Gericht der bisherigen Verwaltungspraxis entgegen und gibt auch die bisherige Rechtsprechung auf. Das Urteil ist für Unternehmer, die den Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen in Anspruch nehmen, von großer Bedeutung. Bisher mussten sie in solchen Fällem mit Steuernachzahlungen plus Verzugszinsen rechnen. Diese finanzielle Belastung fällt nun weg.

Kläger war Betreiber eines Dentallabors

In dem verhandelten Streitfall hatte der Betreiber eines Dentallabors geklagt. Er hatte den Vorsteuerabzug aus  Rechnungen eines Rechtsanwalts und einer Unternehmensberatung in Anspruch genommen, die er 2005 bis 2007 für einen nicht näher bezeichneten „Beratervertrag“ und „allgemeine wirtschaftliche Beratung“ erhalten hatte. Bei einer Prüfung fiel das auf: Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen jedoch mit der Begründung, dass diese keine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung (i.S. des § 14, § 14a UStG) enthielten.

Dagegen klagte der Inhaber des Labors und legte zudem korrigierte Rechnungen der Dienstleister vor, in denen die erbrachten Leistungen ordnungsgemäß beschrieben wurden. Allerdings wurden die Rechnungen erst 2013 berichtigt. Das reichte dem Finanzgericht (FG) nicht, es wies die Klage ab. Nach dem Urteil des FG ermöglichten die berichtigten Rechnungen zwar einen Vorsteuerabzug in 2013, aber nicht für den strittigen Zeitraum 2005 bis 2007.

Das Urteil des BFH zur Rechnungsberichtigung

Die Revision des Klägers vor dem Bundesfinanzhof (BFH) hatte Erfolg, das Urteil des Finanzgerichts wurde aufgehoben und der Vorsteuerabzug für die Jahre 2005 bis 2007 zugelassen. Bei seiner Entscheidung berief sich der BFH  auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Senatex (vom 15. September 2016, Az. C-518/14). Danach wirkt eine Rechnungsberichtigung grundsätzlich auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsausstellung zurück. Der EuGH missbilligte in seinem Urteil zudem das pauschale Entstehen von Nachzahlungszinsen. Dem europäischen Urteil haben sich die deutschen Gerichte nun entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis und unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung angeschlossen.

Voraussetzungen für Rechnungsberichtigung müssen erfüllt sein

Damit die Rechnungsberichtigung rückwirkend greift, muss das Ausgangsdokument allerdings über bestimmte Mindestangaben verfügen: darunter Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt sowie zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Ist bereits ein entsprechender Rechtsstreit im Gange, kann die Rechnungsberichtigung noch bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG wirksam erfolgen.

Praxishinweis für niedergelassene Ärzte und Ärztinnen

Die Entscheidung ist von großer Bedeutung für Ärzte, die umsatzsteuerpflichtige Umsätze ausführen und denen somit ein Vorsteueranspruch zusteht und die trotz formaler Rechnungsmängel den Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen in Anspruch nehmen möchten. Diese Ärzte hatten bislang bei späteren Beanstandungen (z.B. Betriebsprüfung, Umsatzsteuersonderprüfung) selbst im Fall einer Rechnungsberichtigung meist Steuernachzahlungen für das Jahr der ursprünglichen Rechnungsausstellung zu leisten. Die Steuernachzahlung war zudem im Rahmen der sog. Vollverzinsung mit 6 % jährlich zu verzinsen, was eine deutliche finanzielle Belastung darstellte. Beides müsste nach diesem BFH Urteil entfallen, weshalb sie das Thema mit ihrem Steuerberater besprechen sollten.