Gemeinschaftspraxis: Fehler beim Partnerstatus haben fatale steuerliche Folgen
A&W RedaktionWird ein Arzt nicht richtig als Gesellschafter in die Praxis aufgenommen, dann verliert er seinen Status als Selbstständiger. Den übrigen Ärzten drohen fatale steuerliche Folgen.
Schließen sich Ärzte zu einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) – vormals Gemeinschaftspraxis – zusammen, dann erzielen sie grundsätzlich Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Als Freiberufler sind sie damit von der Gewerbesteuer befreit. Um die Einkünfte der Ärzte qualifizieren zu können, ist zu prüfen, ob außer der freiberuflichen Arbeit auch gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt werden. Die Krux bei der Sache ist, dass die beteiligten Ärzte oft nur dem Anschein nach Gesellschafter der BAG sind. Das Steuerrecht spricht dann von Scheingesellschaftern. Das sind Personen, die offiziell als Gesellschafter auftreten, tatsächlich aber, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse, eher als abhängig Beschäftigte und damit Arbeitnehmer der Gemeinschaftspraxis einzustufen sind.
Wird eine Ärztegemeinschaft zu einer solchen Schein-Gemeinschaftspraxis abgewertet, sind die Folgen fatal. Es drohen
- berufsrechtliche Konsequenzen, zum Beispiel Honorarregress oder Zulassungsentziehung;
- sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen, beispielsweise werden Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert;
- steuerliche Konsequenzen, etwa Gewerbe- und Lohnsteuerpflicht.
„In der Regel bringen die Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung (DRV) den Stein ins Rollen. Im Rahmen ihrer Sozialversicherungsprüfungen wägen sie ab, ob die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung oder für eine selbstständige Tätigkeit überwiegen“, sagt Rita Kuhn, Steuerberaterin bei Ecovis in Schweinfurt. Eine Beschäftigung ist dabei eine Tätigkeit nach Weisungen sowie eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Die selbstständige Tätigkeit ist von Unternehmerinitiative oder Unternehmerrisiko geprägt. Zwar muss eine sozialversicherungsrechtliche Einstufung als Scheinselbstständiger nicht zwangsläufig auch bedeuten, dass die gesamte Praxistätigkeit unter die Gewerbesteuer fällt („gewerbliche Infektion“). Die Grenzen sind jedoch fließend, und eine sozialversicherungsrechtliche Scheinselbstständigkeit führt häufig zum steuerrechtlichen Scheingesellschafter. Für das Finanzamt muss nämlich ein Gesellschafter an Rechten und Pflichten sowie an unternehmerischen Chancen und Risiken beteiligt sein (siehe Kasten).
Rechte und Pflichten beachten
Im Einzelfall kann das unternehmerische Risiko eines Gesellschafters mehr wiegen, als er unternehmerische Initiative entfalten kann. Erhält ein Gesellschafter zum Beispiel eine von der Gewinnsituation abhängige, nur nach dem eigenen Umsatz bemessene Vergütung und ist er von einer Teilhabe an den stillen Reserven ausgeschlossen, kann wegen des mangelhaften Mitunternehmerrisikos eine Mitunternehmerstellung nur bejaht werden, wenn eine ausgeprägte Mitunternehmerinitiative vorliegt. An dieser fehlt es, wenn zwar eine gemeinsame Geschäftsführungsbefugnis besteht, von dieser aber wesentliche Bereiche ausgenommen sind, wie etwa Neuinvestitionen, die nicht im Namen der Gesellschaft, sondern im Namen einzelner Gesellschafter getätigt werden. Kann der Scheingesellschafter nicht einmal auf die Praxiskonten zugreifen, liegt eine beschränkte Initiativbefugnis vor. Damit hat er nicht die Möglichkeit, wie ein Unternehmer das Schicksal der BAG zu beeinflussen. Meistens werden dann die Einkünfte aller Ärzte in Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb umqualifiziert. „Wenn allerdings die gewerblichen Nettoumsatzerlöse drei Prozent der Gesamtnettoumsatzerlöse und insgesamt 24.000 Euro im Jahr nicht übersteigen, wird nicht umqualifiziert“, sagt Kuhn.
Wann Gewerbesteuer droht
Die Gewerbesteuerfalle kann abgewendet werden, wenn nach der „Stempeltheorie“ nachgewiesen wird, dass einer der übrigen Gesellschafter jeder Behandlung des Scheingesellschafters seinen Stempel aufgedrückt hat. Um Gewerblichkeit zu vermeiden, sollte der Praxisinhaber
seine Arbeit „stempeln“ (das bedeutet, dass er patientenbezogen Einfluss ausübt und zum Beispiel jede Voruntersuchung selbst durchführt);
Einfluss auf die Arbeit des angestellten Arztes ausüben und etwa die Behandlungsmethode vorgeben;
problematische Fälle selbst behandeln.
„Bei Neuverträgen ist auf die Gestaltung einer echten Gesellschafterposition mit allen Rechten und Pflichten zu achten. Überprüfen Sie regelmäßig bei bestehenden Gesellschafterverträgen, ob sie noch den rechtlichen Anforderungen genügen“, empfiehlt Thomas Schinhärl, Rechtsanwalt bei Ecovis in Regensburg.
Was echte Gesellschafter ausmacht
Ein echter Gesellschafter muss beteiligt sein
- am Praxiswert,
- an den stillen Reserven,
- am Gewinn und Verlust der Gesellschaft und
- an den unternehmerischen Entscheidungen
Zudem muss er Stimmrechte haben und an Gesellschafterversammlungen teilnehmen.
Die Autoren: Rita Kuhn, Steuerberaterin bei Ecovis in Schweinfurt, Thomas Schinhärl, Rechtsanwalt bei Ecovis in Regensburg