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Onkologie

Karzinome des Gebärmutterkörpers sind die häufigste Krebserkrankung der weiblichen Genitalorgane. 2019 sind in Deutschland 10.860 Frauen neu daran erkrankt und 2.785 daran gestorben, so das Zentrum für Krebsregisterdaten. Drei Viertel aller Endometriumkarzinome werden in einem sehr frühen Stadium diagnostiziert. Zu diesem Zeitpunkt ist der Tumor noch auf den Gebärmutterkörper begrenzt. Nach einer Hysterektomie mit beidseitiger Adnexexstirpation ist die Prognose für die meisten Frauen gut. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt 99 Prozent.

Fernmetastasen bei bis zu einem Fünftel der Frauen

Zehn bis zwanzig Prozent der Frauen entwickeln postoperativ später lokale Rezidive oder Fernmetastasen. Mit einer adjuvanten Chemotherapie ließe sich dieses Risiko minimieren. Aufgrund der toxischen Nebenwirkungen empfiehlt die S3-Leitlinie diese Therapie aber nur bei bestimmten histopathologischen und molekularen Risikofaktoren. Entsprechende Untersuchungen sind komplex und teuer.

Ein internationales Forscherteam um Viktor Kölzer von der Abteilung für Pathologie und Molekulare Pathologie am Universitätsspital Zürich hat das Deep-Learning-Prognosemodell HECTOR entwickelt und getestet. Mit ihm lässt sich das Risiko von Fernmetastasen und der Nutzen einer adjuvanten Chemotherapie berechnen. Das Fachmagazin Nature hat die Ergebnisse der Studie veröffentlicht.

Forscher trainierten Deep-Learning-Modell HECTOR

In das Training von HECTOR sind Daten von über 2.000 Patientinnen mit Gebärmutterkörperkrebs Stadium I–III eingeflossen. Die Forscher haben dazu Bilder von Hämatoxylin-Eosin-gefärbten Objektträgern mit tumorhaltigen Hysterektomieproben und klinisch-pathologische Daten verwendet sowie klinische und molekulare Daten zu Fernmetastasen. Anschließend überprüften die Wissenschaftler, ob HECTOR vorhersagen kann, wie sinnvoll eine Chemotherapie zur Minimierung des Fernmetastasenrisikos ist. Dazu setzten sie bisher nicht verwendete Daten von Patientinnen mit einem Hochrisiko-Endometriumkarzinom Stadium I–III ein, die als Teilnehmerinnen der PORTEC-3-Studie eine externe Strahlentherapie mit und ohne Chemotherapie erhalten hatten.

HECTOR schätzt Risiko von Fernrezidiven sicher ein

Die Studie kam zu folgenden Ergebnissen:

  • Anhand von Tumorstadium und histopathologischen Bildern kann HECTOR mit über 80-prozentiger Genauigkeit vorhersagen, ob Patientinnen Fernmetastasen entwickeln werden. Dabei waren die Ergebnisse von HECTOR genauer oder gleich gut wie die bisher üblichen Standardmethoden.

  • HECTOR sagte bei allen Patientinnen der PORTEC-3-Studie zuverlässig voraus, ob sie ein niedriges, mittleres oder hohes Risiko für die Entwicklung von Fernmetastasen hatten. Der Risikowert für ein Fernrezidiv lag bei den Frauen höher, die zusätzlich zur Strahlentherapie eine Chemotherapie erhalten hatten.

  • Die Vorhersage von HECTOR zum Nutzen einer adjuvanten Chemotherapie scheint genauer zu sein, als die von herkömmlichen Prognosefaktoren, mit denen Ärzte Patientinnen mit Hochrisikotumoren bisher beurteilen, so die Ergebnisse einer explorativen Analyse.

„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Validierung und Erweiterung von HECTOR dazu beitragen könnte, eine Präzisionsmedizin bereitzustellen, die die Prognose von Frauen mit Endometriumkarzinom im Stadium I–III, die sich einer primären Operation unterzogen haben, verbessert“, sagen die Studienautoren.

Quelle:

Krebsregisterdaten Endometriumkarzinom

Leitlinie Endometriumkarzinom