Humanes Papillomvirus: Tabak begünstigt HPV-Infektionen
Dr. Dagmar van ThielWissenschaftliche Daten weisen vermehrt darauf hin, dass ein Zusammenhang zwischen Tabakkonsum und Infektionen mit dem humanen Papillomvirus (HPV) besteht. Daraus ließe sich schließen, dass Rauchen auch die Entwicklung von malignen Tumoren wie Zervixkarzinome fördert, die durch onkogene Hochrisiko-HP-Viren hervorgerufen werden. Eine Studienanalyse nähert sich der Fragestellung an.
Anhaltende Infektionen mit den Hochrisiko-HPV (HR-HPV) können Karzinome wie Oropharynx-, Penis-, Vulvovaginal-, Anal- und vor allem Zervixkarzinome verursachen. In den USA sind HPV-Infektionen nach Schätzungen der US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) pro Jahr die Ursache für fast 200.000 Gebärmutterhals-Präkanzerosen und für 11.100 Fälle von Zervixkarzinomen. Demnach sterben allein in den USA jährlich 4.000 Frauen an einem Zervixkarzinom.
Bisher differierende Ergebnisse
Der Verdacht, dass Tabakkonsum HPV-Infektionen Vorschub leistet, wurde bisher nicht konsistent bestätigt. Die abweichenden Ergebnisse sind einer jüngeren Arbeit zufolge damit zu erklären, dass in früheren Studien unterschiedliche Ansätze gewählt wurden, die zu potenziellen Selektionsverzerrungen führten. Entweder bezogen sich die Untersuchungen überwiegend auf selbstberichtete Daten zum Rauchen oder sie stützten sich ausschließlich auf Laborwerte, speziell die Messung der Cotinin-Konzentration im Serum. Cotinin ist ein Stoffwechselprodukt des Nikotins.
Analyse schafft Klarheit
Ziel der Studie war es, den Zusammenhang zwischen der Tabakexposition einerseits (definiert als die Kombination aus selbstberichtetem Rauchverhaltens plus Messungen des Serum-Cotinins) und zervikovaginalen HR-HPV-Infektionen andererseits zu ermitteln. Die Studienanalyse basierte auf Querschnittsdaten aus der National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) der Jahre 2011 bis 2016. Ausgewertet wurden die Daten von 3.833 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 38,6 (Standard Deviation [SD] 12,1) Jahren. Es stellte sich heraus, dass, nach Adjustierung für zahlreiche Variablen wie Alter, sozialer Status oder Gesundheitsparameter, die Wahrscheinlichkeit einer HR-HPV-Infektion für diejenigen, die dem Tabakrauch ausgesetzt waren, um 32 Prozent erhöht war (95%-KI: 1,32 [1,09–1,59]). Die Ergebnisse legten gemäß Fazit der Autoren nahe, dass die Tabakexposition ein erhöhtes Risiko für HR-HPV-Infektionen bei Frauen darstellt. Dieses Risiko war bei ausgesprochenen Raucherinnen sogar um 70 Prozent gesteigert.
Rauchen hemmt Immunabwehr
Die genauen Mechanismen, die der Assoziation zwischen Tabakexposition und HR-HPV-Infektion zugrunde liegen, sind noch nicht geklärt. Studien haben gezeigt, dass Rauchen die zelluläre und humorale Immunität beeinträchtigen kann, was sich sowohl auf die systemischen als auch auf die lokalen Abwehrfunktionen auswirkt. In der Folge würden die HPV-Clearance behindert und die Infektionsdauer verlängert, so die Erläuterung der Autoren.
Möglichst früh gegen HPV impfen
Das Robert Koch-Institut (RKI) verweist unter anderem auf eine große britische Studie, der zufolge die Reduktion von Gebärmutterhalskrebs bei vollständiger HPV-Impfung im Alter von zwölf bis 13 Jahren 87 Prozent betrug, bei Impfung im Alter von 16 bis 18 Jahren noch 34 Prozent.
Jiang L et al. Environ Sci Pollut Res Int. 2023;30(51):110489-110498