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Medizin
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Vielleicht ist es ganz gut, dass die Frühsommer-Meningoenzephalitis meist nur unter ihrer Abkürzung FSME bekannt ist. Denn der Name könnte sonst in falscher Sicherheit wiegen. In Wald und Wiese warten Zecken nämlich nicht nur im Frühsommer, sondern auch im Herbst und vereinzelt sogar im Winter auf unfreiwillige Blutspender.

Ab welcher Temperatur sind Zecken aktiv?

Die Angaben, ab welcher Temperatur die Überträger des Tick-borne-Encephalitis(TBE)-Virus aktiv sind, schwanken zwischen 5 und 8 °C. Liegen die Temperaturen im Winter – wie in Zeiten des Klimawandels gar nicht mehr so unwahrscheinlich – über einen längeren Zeitraum darüber, bleiben die Zecken aktiv und können stechen. Dem Robert Koch-Institut (RKI) werden meist im Juni die meisten Fälle der seit 2001 meldepflichtigen FSME berichtet, im Oktober gibt es aber typischerweise einen ausgeprägten zweiten Peak auf niedrigerem Niveau. 

FSME-Risikogebiete dehnen sich zunehmend aus

Zecken, die das FSME-Virus übertragen, sind hauptsächlich in Süddeutschland aktiv. Risikogebiete für eine FSME-Infektion sind Bayern und Baden-Württemberg, Südhessen, das südöstliche Thüringen, Teile von Sachsen und seit 2022 auch der Südosten Brandenburgs. Einzelne Risikogebiete befinden sich zudem in Mittelhessen, im Saarland, in Rheinland-Pfalz, in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen. Generell wurde in den letzten Jahren eine Ausweitung der FSME-Risikogebiete in Richtung Norden beobachtet. Außerhalb der ausgewiesenen Risikogebiete traten im Jahr 2023 insgesamt 27 FSME-Fälle auf.

Auch in den FSME-Risikogebieten Deutschlands sind nur wenige Zecken tatsächlich mit dem FSME-Virus infiziert, im Mittel 0,1 bis 5 Prozent.

FSME-Impfung als wirksamer Schutz gegen schwere Verläufe

Drei Personen verstarben 2023 an ihrer FSME-Erkrankung, je eine Person im Alter von über 80 Jahre, über 60 Jahre und über 50 Jahre. Menschen ab 40 Jahren haben ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf; vor allem Senioren sind anfälliger für Komplikationen. FSME kann nicht wie Borreliose mit Antibiotika behandelt werden, allein die vorbeugende Impfung bietet einen wirksamen und sicheren Schutz. Daher empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) allen, die in einem Risikogebiet leben oder dorthin reisen und das Risiko eines Zeckenstichs haben, eine Impfung. 

Zum Aufbau des Impfschutzes sind drei Impfungen erforderlich, eine Auffrischimpfung sollte nach drei und danach alle fünf Jahre erfolgen.

FSME-Impfung auch nach überstandener Krankheit

Nach einer überstandenen FSME-Infektion können Betroffene sich zunächst kein zweites Mal anstecken. Wer weiterhin einem FSME-Risiko ausgesetzt ist, sollte den Immunschutz dennoch nach drei bis fünf Jahren durch eine Impfung auffrischen.

Niedrige FSME-Impfraten trotz Risiko

In den FSME-Risikogebieten lag die kreisbezogene FSME-Impfquote 2020 zwischen 7,5 und 39,1 Prozent bei Erwachsenen und zwischen 14,1 und 52,4 Prozent bei Kindern. Barrieren für die FSME-Impfung waren laut einer Studie vor allem eine geringe Risikowahrnehmung und Angst vor Impfnebenwirkungen.

Quelle:

RKI. Epidemiologisches Bulletin 9/2024