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Finanzen

Eine zweistellige Inflationsrate – das wirkt auf viele Menschen sehr beängstigend. Gleichwohl dürfte sie wohl schon bald ein Stück von diesem Niveau herunterkommen. Dafür sorgen zwei Faktoren: Zum einen bezieht sich die Inflationsrate auf die Vorjahreswerte, sodass sich der Zuwachs bald abschwächen wird. „Dann steigen die Verbraucherpreise zwar weiterhin an, aber nicht mehr so stark wie bisher“, erklärt Stephan Albrech von der Vermögensverwaltung Albrech & Cie. in Köln. Zum anderen bekämpfe vor allem die US-Notenbank mit höheren Zinsen und dem Entzug von Liquidität den Preisanstieg. „Inzwischen stehen die Zeichen beinahe weltweit auf Rezession“, so der Vermögensprofi. Davor warnte jüngst auch der Internationale Währungsfonds.

Inflation geht trotz Rezession nicht komplett zurück

Kann man das Thema Inflation also in Kürze ad acta legen? Das wohl nicht, denn Auswertungen früherer Inflationsphasen zeigen: Nach einer Rezession sank die Teuerungsrate zunächst zwar deutlich, kehrte danach aber bald zurück, bevor sie endgültig besiegt wurde. In diesen Phasen schwankte das Plus bei den Verbraucherpreisen mehrmals mit einer jährlichen Rate zwischen null und zehn Prozent hin und her. „Wir gehen davon aus, dass das Thema Inflation die Verbraucher und Anleger nach der Rezession weiterhin beschäftigen wird“, glaubt Mirko Kohlbrecher von der Vermögensverwaltung Spiekermann & CO mit Hauptsitz in Osnabrück. Seiner Ansicht nach dürfte sich die Teuerung daher für einige Zeit auf mittlerem einstelligem Niveau bewegen (siehe „Drei Tipps…“).

Die höchste langfristige Rendite schützt am besten

Für Anleger stellt sich damit die Frage: Mit welchen Anlageklassen können sie einer jährlichen Geldentwertung von vier oder fünf Prozent dauerhaft und effektiv Paroli bieten? Langfristig sollte dies die Anlageklasse sein, die über lange Sicht die höchste nominale Rendite erzielt hat und dies sehr wahrscheinlich weiterhin tun wird. In den USA, die über die längsten Datenreihen für den Kapitalmarkt verfügen, waren dies eindeutig Aktien. Sie erbringen seit 50 Jahren nominal beinahe acht Prozent per anno. Zieht man davon die jährlichen Inflationsraten ab, wuchs die Kaufkraft des Vermögens real um vier Prozent im Jahr. „Diese stärkere Performance der Aktien zeigt sich aber auch weltweit“, sagt Vermögensverwalter Stephan Albrech (siehe Grafik).

Grafik ETF und Inflation

Von Anfang 2010 bis zum 31. August 2022 betrug die kumulierte Inflation in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts rund 30 Prozent. In diesem Zeitraum legte der MSCI World-Index in Euro um gut 310 Prozent zu und ließ die Geldentwertung somit weit hinter sich. Spürbar geringer, aber immer noch attraktiv war der Zuwachs, den Euro-Anleger unter anderem mit Gold erzielten. Wer sein Geld in dieser Zeit indes auf dem Girokonto parkte, verlor wegen der Niedrig- und später der Nullzinsen spürbar an Kaufkraft. Fazit: Aktien haben über lange Sicht die höchsten Renditen erzielt und sind somit über solche Zeiträume hinweg der beste Schutz gegen Inflation. Der Preis, der dafür zu zahlen ist, sind zwischenzeitlich kräftige Kursschwankungen.

Kurzfristig bringen höhere Zinsen Aktien unter Druck

Wie passt es zu dieser guten Performance, dass die Aktienmärkte seit Anfang des Jahres auf einer endlos scheinenden Schlitterpartie nach unten sind? „Verantwortlich für den deutlichen Rückgang war vor allem die nicht erwartete und dann sehr entschlossen vollzogene Kehrtwende der tonangebenden US-Notenbank hin zu höheren Zinsen“, erklärt Vermögensprofi Kohlbrecher. Dieser Wechsel zwischen einer erst zu laxen und nun womöglich zu harten Geldpolitik habe die Aktien- und Anleihemärkte auf dem falschen Fuß erwischt. Die Folge: heftige Verluste. „Doch der Ausverkauf schafft auch Gelegenheiten – vor allem dann, wenn die Inflation weniger stark zunimmt als erwartet. Ist dies der Fall, könnten Aktien bald durchstarten“, so Kohlbrecher.

Längerfristig bietet sich bei Aktien jetzt eine gute Gelegenheit

Somit könnten Anleger vom aktuellen Aktien-Ausverkauf profitieren. Diese Auffassung wird durch die Börsenhistorie gestützt. Demnach waren Aktienkäufe in den Folgejahren mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr rentabel, wenn die Aktienindizes um 20 Prozent eingebrochen waren. So konnten Anleger, die sich in solchen Phasen nicht von der negativen Nachrichtenlage beirren ließen und jeweils bei einem Rückgang in dieser Größenordnung kauften, ihr Kapital in nur fünf Jahren im Durchschnitt verdoppeln. „Das entspricht einem jährlichen Zuwachs von 15 Prozent und liegt klar über dem Langfrist-Potenzial von Aktien“, erklärt Albrech. Aber: „Es kommt darauf an, bei der Auswahl der Papiere auf hochwertige Qualität zu achten und selektiv vorzugehen.“

Was hilft kurzfristig gegen Inflation?

Während ein weltweit gestreutes Aktienportfolio auf lange Sicht also der beste Schutz gegen Inflation sein dürfte, stellen sich manche Anleger die Frage: Gibt es auch Anlageklassen, die kurzfristig gegen die Geldentwertung helfen können? Neben Gold und Rohstoffen werden dabei immer wieder Immobilien und inflationsgeschützte Anleihen angeführt. Ob diese Anlageklassen die in sie gesetzten Hoffnungen tatsächlich erfüllt haben, wird im Interview erläutert.

Drei Tipps für Sparer und Anleger bei Inflation

Erstens: Parken Sie nicht mehr als nötig auf dem Girokonto!

Viele Menschen parken Geld, das sie nicht benötigen, noch immer wie selbstverständlich auf dem Girokonto. Bei einer hohen Inflationsrate ist das alles andere als eine gute Idee, denn das Geld verliert bei einem Zins von null Prozent rasch und deutlich an Kaufkraft. Auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto sollte daher nicht mehr als der Notgroschen (rund drei Nettogehälter) liegen bzw. der Betrag, den man schon in Kürze für größere Anschaffungen wie ein Auto benötigt.

Zweitens: Setzen Sie auf Produktivkapital und denken Sie langfristig!

Die Angst, mit einer Investition in Aktien Geld zu verlieren, ist oft größer als die Angst vor der Inflation. Das ist nicht gerechtfertigt. Denn die Börsengeschichte zeigt, dass die langfristige Investition in Unternehmen nicht nur vor Inflation schützt, sondern darüber hinaus ansehnliche Renditen abwirft. Wichtig ist, dass Anleger Aktien-ETFs oder Aktienfonds mit einem Zeithorizont von mindestens fünf bis zehn Jahren kaufen. Über solche Zeiträume erbringen Aktien fast immer attraktive Renditen – vor allem, wenn es, wie derzeit, zuvor zu einem Kurseinbruch gekommen ist.

Drittens: Informieren Sie sich unabhängig über Geldanlage!

In Inflationszeiten gibt es viele „heiße Tipps“ fürs Investieren. Das reicht von Windparks über Immobilien bis hin zu Goldminen und Rohstoffen. Dahinter können handfeste Interessen stecken, weil die Empfehler an der Vermittlung verdienen und den Anlegern deshalb keinen reinen Wein einschenken. Fakt ist: Viele angebliche Top-Gelegenheiten schützen nicht im erwarteten Umfang vor Inflation, bergen aber Risiken anderer Art. Informieren Sie sich daher möglichst objektiv über die verschiedenen Anlagemöglichkeiten, etwa über das Anlage-Glossar von V-Check.

Autor: Jürgen Lutz