Wenn der Praxischef den Strafzettel zahlt: Hier drohen Probleme mit dem Finanzamt!
A&W RedaktionEigentlich ist es eine schöne Geste, wenn Praxischefinnen und -chefs Strafzettel bezahlen, die Mitarbeiter im Dienst bekommen haben. Probleme könnte diese Großzügigkeit allerdings bei der nächsten Steuererklärung bereiten, wie ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofes zeigt.
Hausbesuche neben dem normalen Praxisbetrieb können kräfteraubend sein. Nicht nur, weil die Zeit meist knapp ist und die Anforderungen an die Hygiene in Corona-Zeiten eine Herausforderung bedeuten. Ärztinnen und Ärzte, die in Großstädten und Ballungsräumen praktizieren und mit dem Auto unterwegs sind, stehen überdies vor dem sehr bodenständigen Problem, dass es kaum noch Parkplätze gibt, die sie nutzen können. Zwar mag ein Arzt-im Dienst-Schild an der Windschutzscheibe manche Politessen oder Politeure gnädig stimmen. Streng juristisch ist ein solches Schild aber keine Rechtfertigung für Falschparken (siehe Kasten). Damit ist das Knöllchen, das ein Arzt während eines Hausbesuches erhält, zwar ärgerlich, aber rechtens – und damit zu zahlen.
Kompliziert kann der Fall dennoch werden. Und zwar dann, wenn nicht der Arzt oder die Ärztin selbst, sondern ein Mitarbeiter den Strafzettel kassiert hat, dieser aber trotzdem vom Praxisinhaber gezahlt wird. In dieser Konstellation nämlich könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass die Zahlung des Verwarngeldes durch den Chef als Arbeitslohn gilt und entsprechend zu versteuern ist. Nun allerdings hat das höchste deutsche Finanzgericht, der Bundesfinanzhof (BFH), diese Frage entschieden und zumindest in Teilen verneint (BFH, Urteil vom 13.08.2020 – Az. VI R 1/17).
Strafzettel können Lohn sein
Im konkreten Fall war ein Paketzusteller-Unternehmen gegen einen Bescheid des Finanzamts vorgegangen. Das Unternehmen operierte bundesweit und hatte in manchen Innenstädten bei den Behörden eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 der Straßenverkehrsordnung erhalten, die ein kurzfristiges Halten zum Be- und Entladen in ansonsten nicht freigegebenen Bereichen ermöglichte. In Städten, in denen dieses Privileg nicht bestand, nahm das Unternehmen es hin, dass die Fahrer kurzfristig auch in Halteverbotsbereichen oder Fußgängerzonen parkten. Die Firma zahlte die Knöllchen, die dafür ins Haus flatterten. Als das Finanzamt die Begleichung der Verwarnentgelte als Arbeitslohn qualifizierte, erhob das Unternehmen Klage. Es bekam in der ersten Instanz auf voller Linie Recht. Der BFH allerdings betrachtete die Sache differenzierter.
Zwar bestätigten auch die Münchener Richter, dass im konkreten Fall die Zahlung der Geldbußen auf eine eigene Schuld des Unternehmens erfolgt und daher nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn bei dem Arbeitnehmer führen kann, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat.
Auch der Verzicht auf Regressansprüche kann Arbeitslohn sein
Im Ergebnis hob der BFH das erstinstanzliche Urteil aber auf. Er wies die Rechtssache an das Finanzgericht zurück. Nach Meinung der Münchner Richter ist nämlich noch zu klären, ob den Fahrern, die den Parkverstoß begangen hatten, nicht dadurch ein geldwerter Vorteil entstanden und damit Arbeitslohn zugeflossen ist. Begründung: der Arbeitgeber hatte ihnen gegenüber ja einen Regressanspruch, auf den er verzichtet hat. Dass es sich bei den zugrundeliegenden Parkverstößen um Ordnungswidrigkeiten im absoluten Bagatellbereich handelt, spielt nach dem BFH für die Beurteilung, ob Arbeitslohn vorliegt, keine Rolle. Die Höhe des Strafzettels ist somit egal.
ÄRZTE IM DIENST |
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Die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung gelten für alle und damit auch für Ärztinnen und Ärzte im Dienst. Das Gesetz erlaubt einen Bruch der Regeln (Falschparken, zu schnell Fahren) nur, wenn eine akute, nicht anders abwendbare Gefahr für Leib und Leben des Einzelnen droht. Also zum Beispiel, wenn der Arzt im Halteverbot parkt, um zu reanimieren. Wer hingegen einen Routinehausbesuch ausführt oder ausführen lässt, muss sich an die Regeln halten – oder die Knöllchen bezahlen. |