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Finanzen

Robo-Advisors sind völlig oder nahezu komplett automatisierte Finanzvertriebe, die Interessenten vor allem mit zwei Dingen überzeugen wollen. Zum einen streben sie deutlich niedrigere Kosten als Filialbanken an, zum anderen wenden sie sich an die Öffentlichkeit mit der Botschaft „Der Computer hat immer recht, denn er kennt keine Emotionen“. Die Kunden finden dort also eine systematisierte Form der Geldanlage vor, die sich in den meisten Fällen genau an die vorgegebenen Regeln hält.

Robo-Advisors gibt’s schon für sehr kleine Depots

Welche Vorteile sind mit der Geldanlage bei einem Robo-Advisor wie Scalable, Ginmon oder Minveo verbunden? „Viele Robo-Advisors eignen sich bereits für kleine oder sehr kleine Depots“, sagt Prof. Hartwig Webersinke vom Institut für Vermögensverwaltung (InVV) an der Technischen Hochschule Aschaffenburg. In der Tat ist dies des Öfteren, aber nicht immer so: Bei Scalable, Smavesto und anderen reichen 1.000 Euro für den Start der automatisierten Geldanlage. Solidvest indes verlangt mindestens 25.000 Euro, Laic will nach einem Test des Wirtschaftsmagazins „Capital“ mindestens 50.000 Euro.

Große Spannbreite bei jährlichen Kosten

Auch bei der Frage, wie günstig bzw. teuer die Leistungen der „Robos“ ausfallen, gibt es teilweise deutliche Unterschiede. So bewegt sich der Großteil der von „Capital“ getesteten Finanzvertriebe unter oder an der Marke von einem Prozent pro Jahr, wenn es um die Verwaltung eines Depots von 50.000 Euro geht. Es gibt jedoch auch Ausreißer nach oben wie Vividam (rund 2,6 Prozent) oder Laic (1,8 Prozent). Liqid, die mindestens 100.000 Euro von Kunden verlangen, hatten wohl keine Angaben zu Kosten gemacht.

Depotstruktur wird engmaschig überwacht

Positiv wird oft gewertet, dass die Anbieter, anders als Banken, kein Vertriebsziel haben bzw. dass ein solches Ziel nicht die Produktauswahl dominiert. Ebenso positiv könnte man sehen, dass das Portfolio permanent durch Algorithmen überwacht wird. Kommt es zu deutlichen Abweichungen, etwa weil die Aktienmärkte sehr gut oder schlecht laufen, wird die festgelegte Verteilung auf die Anlageklassen automatisch wieder hergestellt. Allerdings: „Es gibt auch Robo-Advisors, bei denen Menschen aktiv in die Verwaltung des Vermögens eingreifen“, so Prof. Hartwig Webersinke. Interessenten sind demzufolge gut beraten, sich vor der Auswahl eines Robos genauer zu erkundigen.

Passt das Leben in einen Algorithmus?

Wie sieht es nun mit Nachteilen für Kunden der automatisierten Finanzvertriebe aus? Dazu gehört eventuell die Grundannahme ihrer Geschäftsphilosophie. „Robo-Advisors gehen davon aus, dass das Leben – etwa die Altersvorsorge oder die finanzielle Zukunft der Kinder – komplett in einen Algorithmus passt. Das bezweifle ich, das Leben lässt sich nicht in Schablonen pressen“, sagt Titus C. Schröder von der bankenunabhängigen Vermögensverwaltung Portfolio Concept.

Keine Analyse der Kundensituation

Prof. Hartwig Webersinke hat bei den Robo-Advisors ein weiteres Defizit im Blick. So geben die Kunden in nur wenigen Minuten die angeforderten Daten digital ein, auf deren Basis dann das Portfolio erstellt wird. Für den Wissenschaftler ist das ein kritischer Punkt: „Es gibt kaum eine Möglichkeit, auf Fehler bei der Selbsteinschätzung aufmerksam zu werden, da niemand sonst diese erkennen und korrigieren kann.“ Außerdem sei eine Analyse und Berücksichtigung der Lebens-, Vermögens- und Steuersituation der Kunden nicht vorgesehen – anders als etwa bei unabhängigen Vermögensverwaltern.

Nur Minus-Renditen im „Capital“-Test

Ein weiterer Nachteil aus der Perspektive von Titus C. Schlösser ist: Eine Anpassung an veränderte Lebensumstände, etwa wenn die Kinder ausziehen oder der Ruhestand kommt, ist nicht vorgesehen. „Nur wenn die Kunden die Notwendigkeit einer solchen Anpassung selbst erkennen und diese auch eigenständig umsetzen, passt ihr Depot auf Dauer zu ihren Bedürfnissen“, sagt der Vermögensprofi.

Hinzu kommt, dass die Robo-Advisors wegen ihrer kurzen Existenz kaum Erfahrung mit Börsencrashs hätten. Das zeigte sich auch im „Capital“-Test. Von Juni 2021 bis Juni 2023 jedenfalls kam keiner der Robo-Advisors bei der Rendite auf einen grünen Zweig: Die durchschnittliche Rendite über zwölf Monate bewegte sich zwischen minus 0,65 Prozent und minus 17,46 Prozent – eine enorme Spannbreite!

Fazit: Robo-Advisors eignen sich für (sehr) kleine Depots, deren Besitzer gut mit einem Depot von der Stange leben können. Jedoch sollten sie bei den Kosten und der ETF-Auswahl genauer hinschauen, um keine unliebsamen Überraschungen zu erleben. Für weitergehende Ansprüche bzw. größere Depots empfehlen sich eher Angebote aus der (Online-)Vermögensverwaltung, die ab 25.000 Euro zu haben sind.

Die zehn besten Robo-Advisors von 2021 bis 2023 *
Robo-Advisor Mindestanlage in € Kosten in € ** Rendite in %***
Ginmon 50 460 -4,01
Solidvest 250.000 700 -3,74
Savity 3.000 680 -5,82
Whitebox 25 485 -5,14
Cominvest 3.000 590 -0,65
Minveo 50 608 -3,76
Visualvest 500 408 -5,02
Quirion 25 277 -5,59
Gerd Kommer Capital 5.000 450 -5,11
Bevestor 500 552 -6,47
* nach der Auswertung des Instituts für Vermögensaufbau für das Wirtschaftsmagazin „Capital“

** bei 50.000 Euro Anlage

*** 12-Monats-Durchschnitt von Juni 2021 bis Juni 2023

Quelle: „Capital“, Ausgabe 08/2023

Anleger lehnen Robo-Advisors mehrheitlich ab

Bei der jüngsten Umfrage unter knapp 6.000 Bürgern zwischen 18 und 64 Jahren in Deutschland lehnte es der Großteil ab, bei der Geldanlage die Dienste von Robo-Advisors in Anspruch zu nehmen: 45 Prozent sagten, es komme für sie nicht infrage, einen Robo-Advisor zu konsultieren, 13 Prozent sagten, sie hätten keine Meinung zu diesem Thema. Lediglich 18 Prozent haben bereits einen solchen (voll)automatisierten Finanzvertrieb zurate gezogen, während sich dies 24 Prozent vorstellen könnten. Auch in den USA als einem Land, das bei der Geldanlage oft eine Vorreiter-Rolle übernimmt, lehnten 46 Prozent und somit fast die Hälfte der Befragten die Nutzung eines Robo-Advisors ab.

Grafik Nutzung RoboAdvisor

Quelle: Statista Consumer Insights / Erhebung von Juli 2022 bis Juni 2023

Autor: Jürgen Lutz