Versorgungswerke: Renten in Gefahr?
A&W RedaktionVersorgungswerke lockten in den vergangenen Jahren mit deutlich höheren Renten bei gleicher Beitragshöhe wie in der gesetzlichen Rentenversicherung. Jetzt gerät die Kalkulation unter Druck. Ein früherer Ausstieg aus dem Berufsleben kann sich lohnen, meint deshalb Finanzexperte Markus Richert*.
Zahlreiche Versorgungswerke wenden eine Mischung aus Kapitaldeckung und Umlagefinanzierung an. Durch diese Verbindung ist die Rente eigentlich krisenfester und weniger abhängig von demografischen Veränderungen und Kapitalmarktschwankungen. In den letzten Jahren gerät die Kalkulation aber von zwei Seiten unter Druck. Zum einen steigt die Lebenserwartung. Die statistische Restlebenserwartung für Freiberufler liegt bei Männern vier bis sieben Jahre und bei Frauen drei bis sechs Jahre über der Gesamtbevölkerung. Versorgungsleistungen müssen dadurch viel länger als geplant gezahlt werden.
Zum anderen sinken durch die Niedrigzinsphase die Zinserträge aus dem Kapitalstock. Wie Lebensversicherungen unterliegen Versorgungswerke strengen Anlagerestriktionen. Zwar dürfen Versorgungswerke immerhin 35 Prozent des gebundenen Vermögens in Risikoanlagen stecken. Dennoch muss der verbleibende Kapitalstock zu einem großen Anteil in „sichere“ Anlagen fließen. In den letzten Jahren rutschen immer mehr Versorgungswerke unter ihr selbst gestecktes Ziel, den Rechnungszins bei vier Prozent zu halten. Von den zehn größten berufsständischen Versorgungswerken schafften es nur drei, seit 2012 immer über vier Prozent Rendite zu erwirtschaften. Weil die Rentenprognosen auf dem Rechnungszins beruhen, drohen den knapp eine Million Mitgliedern nun Renteneinbußen.
Ein Plan, um die Rente zu sichern
Handeln ist also angesagt. Dafür bieten Versorgungswerke einige Flexibilitäten. Analog zur regulären Altersrente erhält man die vorgezogene Altersrente nach Eintritt in den Regelaltersruhestand ohne die Anrechnung sonstiger Einkünfte. Das bedeutet, dass man trotz Rente weiterarbeiten kann. Gerade für selbstständige Freiberufler bieten sich hier interessante Gestaltungsmöglichkeiten. Bei einem Renteneintritt mit beispielsweise 62 Jahren (fünf Jahre früher) beträgt der Rentenabschlag etwa 30 Prozent (60 Monate * 0,5). Auf der anderen Seite spart man die Beitragszahlungen in das Versorgungswerk. Niedergelassene Ärzte zahlen in NRW eine Pflichtabgabe von 1.648,40 € pro Monat. Bei fünf Jahren ergibt das eine Ersparnis in Höhe von 98.904 €. Zusätzlich fließt schon die Altersrente, die mit Abschlag beispielsweise 2.400 € beträgt. Bei 60 Monaten ergibt das einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 144.000 €. In Summe ergibt sich eine zusätzliche Liquidität in Höhe von 242.904 €, die alternativ angelegt werden kann.
Das Beispiel ist natürlich stark vereinfacht. Die individuellen steuerlichen Auswirkungen und der Einfluss auf die Hinterbliebenen-Versorgung müssen berücksichtigt werden. Allerdings haben die Mitglieder eines Versorgungswerkes die Möglichkeit, ihre Altersrente aktiv zu gestalten. Mithilfe eines vollständigen Finanzplans kann eine individuelle Break-even-Berechnung durchgeführt werden.
*Der Autor: Markus Richert, Finanzplaner bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln