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Finanzen

118 Milliarden Euro Vermögen wurden im Jahr 2021 in Deutschland laut den Finanzämtern vererbt oder verschenkt. Besonders das Geben mit „warmen Händen“ nimmt zu: Mit 54,6 Milliarden Euro wurden rund 60 Prozent mehr zu Lebzeiten weitergereicht als im Vorjahr. Und das große Schenken macht nicht nur Sinn, um noch selbst in den Genuss der Dankbarkeit der auserkorenen Vermögensnachfolger zu kommen. „Zum einen kennt keiner von uns Zeit und Ort des Todes“, sagt Andreas Glogger, Geschäftsführer und Inhaber der GLOGGER & PARTNER Vermögensverwaltung GmbH aus Krumbach. Aber bei einer frühzeitigen Schenkung „können sich Vermögensgestaltungen zur Vermögensnachfolge länger entfalten und man spart so erheblich Steuern.“

Grafik geschenktes Vermoegen

Erbschaftssteuern vermeiden

Denn gerade in der engsten Verwandtschaft gibt es in Deutschland relativ hohe Freibetragsgrenzen, innerhalb derer Vermögen steuerfrei vererbt werden kann. Für selbstgenutztes Wohneigentum, Unternehmensanteile oder etwa Hausrat gibt es nochmal gesonderte Regelungen, aber grundsätzlich kann zum Beispiel jeder Elternteil innerhalb von zehn Jahren bis zu 400.000 Euro pro Kind steuerfrei weitergeben. Die Höhe ist abhängig vom Verwandtschaftsgrad: So können etwa an den Ehepartner sogar 500.000 Euro ohne Beteiligung des Fiskus übertragen werden, an einen nicht verwandten Freund lediglich 20.000 Euro.

Das Besondere: Die meisten dieser Freibeträge gelten nicht nur für Erbschaften im Todesfall, sondern auch für Schenkungen zu Lebzeiten und erneuern sich alle zehn Jahre. Das heißt, ein Vater, der mit 50 Jahren mit dem Vermögensübergang startet, kann nach der heutigen Reglung bis zu 1,6 Millionen Euro an seinen Sohn übertragen. Vorausgesetzt, er wird über 80 Jahre alt und nutzt immer den vollen Betrag pro Zehnjahreszeitraum. Allerdings kann das auch Probleme mit sich bringen. „Junge Begünstigte sind oft überfordert, wenn sie plötzlich über ein großes Vermögen verfügen“, weiß Vermögensverwalter Andreas Glogger, „mit dem individuellen und passenden Vermögensschutzkonzept lassen sich jedoch Leitplanken und Richtlinien definieren und festlegen, die genau diese Last jungen Begünstigten abnehmen und ihnen helfen, diese künftige Aufgabe der Vermögensbewirtschaftung zu meistern.“

Vermögenskontrolle trotz Übergang

„Je eher die Vermögensnachfolge geregelt wird, desto besser lassen sich Freibeträge nutzen und eine steuerliche Belastung der Erben vermeiden“, sagt auch Samir Zakaria vom Vermögensverwalter Hansen & Heinrich AG mit Niederlassungen in Berlin, Frankfurt, Düsseldorf und im Allgäu. Außerdem kann eine vorrauschauende Planung helfen, Erbengemeinschaften zu vermeiden, die zur Handlungsfähigkeit in der Regel Einstimmigkeit benötigen. Gerade bei schlecht aufteilbaren Vermögenswerten wie Immobilien führt das sonst häufig zu Konflikten. Das geht natürlich durch ein entsprechendes Testament, aber noch besser durch gezieltes Verschenken. Denn so kann schon zu Lebzeiten sichergestellt werden, dass nicht am Ende doch eine Erbengemeinschaft entsteht, die sich nicht einigen kann und letztendlich die Vermögenswerte zu Geld machen muss.

Dabei heißt geschenkt nicht unbedingt, dass die Früchte des Vermögens für immer aufgegeben werden. Gerade bei Wohneigentum ist es relativ üblich, zum Beispiel das selbstgenutzte Haus schon an die Kinder zu überschreiben, aber sich ein lebenslanges Wohnrecht und die Nutzung möglicher Mieterträge vorzubehalten. So ein Nießbrauch ermöglicht es, Freibeträge auszunutzen und zusätzlich die Ruhestandsplanung des Schenkenden abzusichern.

Was viele nicht wissen, solche Konstruktionen gibt es auch für Sparvermögen oder Wertpapierdepots. „Es bestehen eine ganze Reihe von Möglichkeiten, wie eine Vermögensnachfolge steuergünstig gestaltet werden kann“, erklärt Finanzfachfrau Samir Zakaria, „aber die finanzielle Sicherheit des Schenkenden und die familiäre Harmonie sind mindestens genauso wichtig.“ Sich hier rechtzeitig Rat einzuholen und mit Weitsicht das aufgebaute Vermögen zu verschenken, kann sich so generationsübergreifend unter vielen Aspekten rentieren.

Zwei Beispiel für den Spareffekt eines Nießbrauchdepots
  1. Ein 60-jähriger Mann will an eine Nichte oder eine Freundin außerhalb der Verwandtschaft einen Teil seines Vermögens übertragen. Grundsätzlich ist das bis zu einer Summe von 20.000 Euro steuerfrei. Nutzt er dafür allerdings ein Nießbrauchdepot mit einem angenommenen Ertrag von drei Prozent jährlich, wäre es möglich, eine Summe von 32.549 Euro zu übertragen. Die sonst üblicherweise fällige Schenkungssteuer von 1.875 Euro bei der Nichte bzw. die doppelt so hohe Belastung bei der gar nicht verwandten Freundin könnte so gespart werden.
  2. Eine wohlhabende 55-jährige will ihrem Sohn Erbschaftssteuer sparen und schon jetzt Vermögen auf ihn überschreiben. Der Freibetrag von Kindern liegt bei 400.000 Euro. Durch den Einsatz eines Nießbrauchdepots mit drei Prozent Ertragsannahme könnte sie sogar bis zu 723.680 Euro steuerfrei übertragen, ohne die sonst dafür fälligen 44.800 Euro Steuern zahlen zu müssen. Gut zu wissen: Da die Freibeträge alle zehn Jahre neu aufleben, könnte die vermögende Dame mit 65 Jahren erneut aktiv werden. So lassen sich über die Jahrzehnte Millionenvermögen ohne anfallende Erbschaftssteuer übertragen.

Quelle: Vermögen sichern mit der Nachfolgeplanung von V-CHECK

Autor: Florian Junker