Für Ärzte und Ärztinnen: So rechnet sich die Praxis im eigenen Haus
A&W RedaktionWer in eigener Immobilie praktiziert, kann sich attraktive Steuervorteile sichern. Der muss bei Aufgabe der Praxis aber höllisch aufpassen, will er am Schluss nicht doch noch draufzahlen.
Nutzt ein Niedergelassener ein eigenes Gebäude als Arztpraxis, gehört es zwingend zu seinem Betriebsvermögen. Sind Ehegatten gemeinschaftlich Eigentümer eines als Praxis (mit)genutzten Gebäudes, gelten hinsichtlich der steuerlichen Zurechnung Besonderheiten. Betreibt man die Praxis hingegen in Mieträumen, erfolgt keine steuerliche Zurechnung beim Niedergelassenen. Gleichwohl sind die Mietzahlungen als Betriebsausgaben abziehbar.
Alter Steuerberatertrick: Oft erwirbt die Ehefrau oder bei einer Berufsausübungsgemeinschaft eine Ehegatten-GbR die Praxisimmobilie und vermietet sie danach an den oder die Ärzte. Da es sich hierbei von der Einordnung her nicht um Betriebs-, sondern um Privatvermögen handelt, sind bei etwaiger Veräußerung auch keine „stillen Reserven“ zu versteuern.
Praxisgebäude als Betriebsvermögen
Anerkennt das Finanzamt ein Praxisgebäude als Betriebsvermögen, können sämtliche darauf entfallenden Kosten wie etwa Grundbesitzabgaben, Gebäudeversicherungen, Gas-, Wasser-, Heizkosten oder Reparaturen als Betriebsausgaben steuermindernd geltend gemacht werden. Doch, nicht nur die laufenden Kosten. Auch die Anschaffungs- beziehungsweise Herstellungskosten der Immobilie werden dann mit zwei oder mehr Prozent jährlich als Abschreibung steuerlich berücksichtigt. Befindet sich die Praxis dagegen im eigengenutzten Wohnhaus, werden die Grundstückskosten insgesamt nach dem Verhältnis der Nutzflächen in einen betrieblichen und einen privaten Teil gesplittet. Aber auch andere Aufteilungen sind möglich und üblich, da Praxisräume in der Regel höhere anteilige verbrauchsabhängige Kosten verursachen.
Unternehmer dürfen beim Finanzamt bis zum vollen Umsatzsteueranteil die Vorsteuer aus den Herstellungs- oder Anschaffungskosten einer auch geschäftlich genutzten Immobilie geltend machen. Zwar müssen sie die auf den privaten Anteil entfallende Vorsteuer über zehn Jahre hinweg zinslos zurückzuzahlen, doch bleibt im Saldo erst mal der Liquiditätsvorteil. Laut Rechtsprechung ist dies aber nur jenen gestattet, die umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen. Für die Ärzte bedeutet das: Dieses sogenannte Seeling-Modell steht auch ihnen offen, wenn sie neben der von der Umsatzsteuer befreiten Heilbehandlungen auch noch steuerpflichtige Labor-, Gutachter- oder schriftstellerische Umsätze tätigen. Vorausgesetzt, die Praxisfläche umfasst inklusive der Räume für die umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen mindestens zehn Prozent der gesamten Nutzfläche.
A&W-Musterrechnung
52.250 Euro Liquiditätsvorteil sind für einen Niedergelassenen sofort drinnen, wenn er sich etwa für 500.000 Euro zuzüglich 95.000 Euro Umsatzsteuer ein Haus für seine Praxis (etwa 180 Quadratmeter) samt Labor (etwa 20 Quadratmeter, umsatzsteuerpflichtige Umsätze) baut, das gleichzeitig auch seine private Wohnung (etwa 200 Quadratmeter) aufnimmt. Allein schon der umsatzsteuerpflichtige Laborbetrieb an der Seite seiner Praxis erlaubt dem Niedergelassenen dann die Nutzung des sogenannten Seeling-Modells. Der Arzt kann den anteiligen Vorsteuerabzug aus dem Labor in Höhe von 4.750 Euro (5 % aus 95.000 Euro) und den zusätzlichen Vorsteuerabzug in Höhe von 47.500 Euro aus den Kosten für die Privatwohnung geltend machen. Über zehn Jahre hinweg zahlt er dann jährlich 4.750 Euro an das Finanzamt zurück.