Existenzgründung: Welche Steuern Ärzte zahlen müssen
A&W RedaktionSelbstständigkeit bedeutet, auch für die Einhaltung steuerlicher Pflichten selbst einzustehen. Insbesondere die Anfangsphase ist eine sensible Zeit, die viele Fragen aufwirft. Christian Goetze, Steuerberater bei Ecovis in Ulm, erklärt, worauf Ärzte nach der Praxisgründung besonders achten müssen.
Die steuerliche Situation ändert sich mit der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit meist grundlegend. Im Angestelltenverhältnis wird insbesondere die Lohnsteuer automatisch vom Arbeitgeber an das Finanzamt abgeführt. Selbstständige hingegen müssen selbst aktiv werden und Voranmeldungen, Erklärungen sowie Zahlungen eigenständig leisten. Dabei sind gesetzliche Fristen und eine Reihe von steuerlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten zu beachten.
Ob ein Arzt in Deutschland überhaupt steuerpflichtige Einkünfte erzielt, richtet sich im Wesentlichen danach, ob er in Deutschland wohnt und arbeitet. Ist das der Fall, dann ist er unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, und zwar mit seinem Welteinkommen: Alle in- und ausländischen Einkünfte werden der Einkommen- oder Lohnsteuer unterworfen.
Die Einkommensteuer
Die Einkommensteuer richtet sich nach dem Gewinn, den die Arztpraxis abwirft. Der Gewinn der Arztpraxis wird durch die Gewinneinkunftsart „Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit“ ermittelt. Er ergibt sich als Überschuss der Einnahmen über die Betriebsausgaben. Bei dieser Einnahmen-Überschuss-Rechnung stellt man alle Betriebseinnahmen, die bar in die Kasse oder auf ein Konto eingehen, den getätigten Betriebsausgaben gegenüber. Dabei sind nur tatsächliche Geldein- und -ausgänge zu berücksichtigen. Ausnahmen gelten bei Wirtschaftsgütern des abnutzbaren Anlagevermögens wie medizinische Geräte, bei denen nur die Abschreibungsbeträge zu berücksichtigen sind, sowie bei der Aufnahme und Tilgung von Darlehen.
Die Gewerbesteuer
Da Ärzte einen freien Beruf ausüben, sind sie von der Gewerbesteuer befreit. Aber Vorsicht: Verkauft ein Arzt beispielsweise Kontaktlinsen sowie Pflegemittel, Mundhygieneartikel oder Nahrungsergänzungsmittel, gilt das als gewerbliche Nebentätigkeit. Wenn die Umsätze aus dieser Nebentätigkeit die Grenze in Höhe von drei Prozent der Gesamtnettoumsätze – also alle Umsätze der Praxis – oder einen Betrag von 24.500 Euro im Veranlagungszeitraum übersteigen, wird das als Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb gesehen. Die Folgen sind gravierend, denn dann sind auf den gesamten Gewinn – also auch aus der ärztlichen Tätigkeit – Gewerbesteuern zu zahlen. „Verkaufen Mediziner nicht nur ihre ärztliche Leistung, sollten sie sich gut beraten lassen, um nicht in die Gewerbesteuerfalle zu tappen“, rät Christian Goetze, Steuerberater bei Ecovis in Ulm. Ebenso kann eine Gewerbesteuerpflicht entstehen, wenn jemand fachfremde Ärzte einstellt.
Die Umsatzsteuer
Zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen und Entlastung der Sozialversicherungsträger sind Honorare aus ärztlicher Tätigkeit von der Umsatzsteuer befreit. Ärzte müssen daher für ihre Tätigkeit keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Das hat zur Folge, dass der Arzt für Praxisinvestitionen, Wareneinkäufe und sonstige für die Praxis bezogene Leistungen keine Vorsteuer geltend machen kann. „Den Arzt kommt das möglicherweise teuer zu stehen, da die an Lieferanten gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt nicht erstattet wird. Besonders bei teuren Geräten macht sich das bemerkbar“, erklärt Goetze. In einigen Fällen besteht aus diesem Grund für bestimmte Leistungen, die an andere Unternehmer berechnet werden, unter anderem die Untervermietung von Praxisräumen, die Möglichkeit, auf die Umsatzsteuerbefreiung zu verzichten. Es kann sinnvoll sein, freiwillig Mehrwertsteuer zu bezahlen, um wenigstens auf diesem Weg die bezahlte Vorsteuer für die Praxismiete zurückzuholen. Zu bedenken ist auch, dass es eine Reihe ärztlicher Leistungen wie IGeL gibt, für die Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen ist. „Ärzte sollten sich fachlichen Rat einholen, um auf der sicheren Seite zu sein“, empfiehlt Goetze.