Verdacht auf Scheinselbstständigkeit: Das kann für Ärzte teuer werden
A&W RedaktionScheinselbstständigkeit ist seit einigen Jahren auch im Gesundheitswesen ein Thema. Geraten Ärzte ins Visier der Deutschen Rentenversicherung, kann es teuer werden. Praxisinhabern, die sich nicht absichern, droht die Gefahr, dass sie hohe Summen zahlen müssen oder sogar ihre Approbation verlieren.
Die Deutsche Rentenversicherung geht rigoros gegen Fälle von Scheinselbstständigkeit vor. Das gilt zunehmend auch für die Gesundheitsbranche. Dabei muss gar kein Vorsatz dabei sein: Besonders der Sozialversicherungsstatus von Honorarkräften ist oftmals umstritten. Aber auch selbstständige Juniorpartner einer Arztpraxis sind immer wieder betroffen.
Solche Fälle werden meistens vor Gericht ausgefochten. Bestätigen die Richter eine Scheinselbstständigkeit, kann es vor allem für den Praxisinhaber teuer werden, denn er muss Sozialabgaben nachzahlen.
Das es hierbei nicht um Peanuts geht, zeigt der Fall eines Zahnarztes. In einem Gerichtsverfahren wurde festgestellt, dass seine Juniorpartnerin mangels unternehmerischem Risiko scheinselbstständig war (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Az.: L 5 R 1176/15). Der Praxisinhaber musste am Ende 13.000 Euro an Sozialabgaben nachzahlen.
Es kann aber noch teurer werden: Die Deutsche Rentenversicherung kann die Sozialversicherungsbeiträge rückwirkend für vier Jahre, bei Vorsatz sogar noch für einen längeren Zeitraum einfordern. Basis ist dann eine fiktive Lohnvereinbarung. Zusätzlich muss der Arbeitgeber für die Nachzahlung der Lohnsteuer (mit)haften und ggf. auch die Vorsteuer erstatten.
Typische Kennzeichen einer selbstständigen Tätigkeit
Um hohe Nachzahlungen zu vermeiden, sollten Praxisinhaber bei ihren freien Mitarbeitern sowie Partnern auf Nummer sicher gehen. Ob Indizien für eine Scheinselbstständigkeit vorliegen, können sie selbst prüfen. Die freie Einteilung der Arbeitszeiten und weisungsfreies Arbeiten reichen hier übrigens nicht aus, weil sie häufig auch bei angestellten Ärzten vorzufinden sind.
Deshalb wird bei angeblich selbstständigen Ärzten vor allem darauf geachtet, ob sie tatsächlich ein unternehmerisches Risiko tragen. Hilfreich für den Scheinselbstständigen-Check ist auch die folgende Ckeckliste. Prüfen Sie, ob die genannten Merkmale beim Freiberufler bzw. Juniorpartner vorhanden sind:
- Außenauftritt als Selbstständiger
- Kapitaleinsatz
- Eine unterschiedliche Tätigkeit im Vergleich zu den fest angestellten Arbeitnehmern des Auftraggebers
- Keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers
- Eigenes Unternehmerrisiko
- Anstellung eigener sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter (nicht nur im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses)
Die Anstellung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten stellt das wichtigste Merkmal dar, um den „Freien“ von der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung abzugrenzen.
Vor allem bei Partnerschaften in der Praxis wichtig: Ein angeblicher Mitgesellschafter muss auf die Belange der Gesellschaft Einfluss nehmen können und das unternehmerische Risiko mittragen. Alles andere wird als Indiz für eine Scheinselbstständigkeit gewertet.
Arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger ist rentenversicherungspflichtlig
Neben dem Scheinselbstständigen gibt es aber auch den arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen. Ist z.B. ein Arzt selbstständig, aber nur für einen Auftraggeber tätig und beschäftigt keinen sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter, ist er als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger eigentlich rentenversicherungspflichtig. Der betroffene Arzt muss spätestens drei Monate nach Beginn der Beschäftigung die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung beantragen. Er ist dann meist bei seiner Versorgungskammer pflichtversichert und damit von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Damit ist auch der mögliche Vorwurf der Scheinselbstständigkeit vom Tisch: Der Befreiungsbescheid gilt als Bestätigung dafür, dass der Arzt arbeitnehmerähnlich selbstständig beschäftigt ist.
Nicht nur steuerliche, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen
Existenzbedrohend ist das Thema Scheinselbstständigkeit für den Praxisinhaber aber nicht nur wegen der drohenden Nachzahlungen. Es kann auch strafrechtliche Konsequenzen geben. Laut § 266a StGB macht sich strafbar, wer der Einzugsstelle Beiträge zur Sozialversicherung vorenthält. Im schlimmsten Fall droht hier sogar der Entzug der Approbation. Unkenntnis schützt hier leider nicht vor Strafe, schließlich kann jeder Unternehmer ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren durchführen lassen. Der entsprechende Antrag muss spätestens einen Monat nach Beginn der Tätigkeit gestellt werden. Zuständig ist die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund. Formulare gibt es unter www.clearingstelle.de oder über Hotline: 030 5 444 56 02.