Personalmangel im Gesundheitsbereich: Die Vergütung ist schuld
A&W RedaktionÄrzte verdienen in der Regel überdurchschnittlich gut, für ihre Mitarbeiter gilt das leider nicht. Setzt sich der aktuelle Trend fort, wird es schon in wenigen Jahren vermutlich zu einem flächendeckenden Personalmangel bei den Pflege- und Gesundheitsfachberufen kommen. Dies ist das Ergebnis einer Analyse des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Bis zu 270.000 Mitarbeiter werden bis 2035 vorraussichtlich fehlen. Schuld ist vor allem die schlechte Bezahlung.
In der aktuellen Ausgabe der BIBB-Fachzeitschrift „Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis“ (BWP) wurde eine Prognose veröffentlicht, die aufhorchen lässt: Im Jahr 2035 wird der Arbeitskräftebedarf in der Gesundheitsbranche das Angebot um rund 270.000 Personen übersteigen. Ein erschreckendes Szenario, werden doch heute schon Fachkräfte händeringend gesucht.
Verantwortlich für den Personalmangel ist die fehlende Attraktivität der Berufe oder genauer gesagt, die schlechte Vergütung. Während die Nachfrage nach Pflege- und Gesundheitsleistungen steigt, zeigt sich die Lohnentwicklung in diesem Sektor bisher eher schwach. Daher richtet die BIBB-Analyse den Blick auch auf mögliche Ausgleichsmechanismen.
In absehbarer Zeit nicht genug Fachkräfte
Für das Berufsfeld „Pflege- und Gesundheitsberufe ohne Approbation“ wird dabei deutlich, dass schon in absehbarer Zeit weder genug Fachkräfte noch ausreichend Fachfremde – soweit sie aufgrund der stark regulierten Arbeitsberechtigung überhaupt eingesetzt werden dürfen – für die Deckung des Fachkräftebedarfs zur Verfügung stehen werden. Dieser Engpass würde selbst durch längere Arbeitszeiten nicht gelöst werden können, da die Arbeitskapazitäten auch nach Stunden voll ausgeschöpft wären.
In der Projektion gibt es zwei vom BIBB untersuchte mögliche Ausgleichsmechanismen, die diese Entwicklung zu einem gewissen Grad mitbeeinflussen: Die Lohnentwicklung und die berufliche Mobilität der Erwerbspersonen. Demnach nimmt die „Stayer“-Quote, also der Anteil derer, die im Feld ihres erlernten Berufs verbleiben, in den Pflege- und Gesundheitsberufen bis 2035 aufgrund der ungünstigen Lohnentwicklung um etwa vier Prozentpunkte ab. Dies senkt das Angebot an qualifizierten Fachkräften, was angesichts der begrenzten Zugangschancen für fachfremdes Personal durchaus kritisch ist.
Um dieses Berufsfeld attraktiv zu gestalten, spielt daher, so das BIBB-Ergebnis, vor allem eine attraktive Vergütung eine Rolle. Aber auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Aufstiegschancen sind wichtige Einflussfaktoren für die zukünftige Fachkräftesicherung. „Eine bessere Bezahlung, mehr Anerkennung und eine verbesserte Work-Life-Balance stehen bei den Berufstätigen oben auf der Wunschliste“, bilanziert Reinhold Weiß, stellvertretender Präsident und Forschungsdirektor des BIBB.