Leasing: „Passgenaue Lösung wichtiger als günstigster Zins“
A&W RedaktionTrotz vieler Vorteile werden noch deutlich unter zehn Prozent aller Investitionen in der Gesundheitsbranche durch Leasing finanziert. Warum gerade Praxisinhaber das Modell trotzdem in Betracht ziehen sollten.
Leasing führt in der Gesundheitsbranche, insbesondere in kleineren Praxen, noch immer ein Nischendasein. Dabei ist die Liste der Vorteile, die Leasing als Alternative zum Bankkredit bietet, lang. Es erhöht die Flexibilität und die Liquidität, hält die Praxisausstattung modern und bietet steuerliche Vorteile. Den Grund für den dennoch geringen Einsatz im Praxisumfeld glauben die Finanzierer zu kennen: Viele Mediziner würden sich aufgrund mangelnder kaufmännischer Kenntnisse nicht richtig an das Thema wagen. Auch fehle es vielen Praxisinhabern noch an betriebswirtschaftlichem Denken und noch häufiger an der Zeit, sich mit Themen wie Rentabilität oder Liquiditätsmanagement tiefer zu befassen. Leasing käme da deshalb maximal beim Praxiswagen infrage.
Leasing bedeutet nicht einfach mieten, sondern eine Alternative zum Kredit
Aber ist das wirklich so? Oder lohnt sich Leasing gar nicht für alle Praxen? „Leasing ist interessant, wenn ein junger Kollege eine Praxis übernimmt oder neu eröffnet und parallel etwa privat seine Immobilie finanziert“, sagt Thomas Koch. Er ist Mitglied der Geschäftsleitung der auf Medizintechnik spezialisierten Dr. Weber Leasing in Mannheim, die zur Nürnberger Gruppe gehört.
Leasing verbessert die Bonität
Grundsätzlich verbessere Leasing die Bonität, da für gemietete Praxisfahrzeuge und -geräte nur monatliche (und gut kalkulierbare) Gebühren und nicht gleich die ganz große Summe fällig werden. Die bleibt auf dem Konto und kann als Sicherheit oder als Basis für andere Investitionen dienen. Wer liquide ist, bekommt bei der Bank zudem eine höhere Kreditlinie und günstigere Zinsen.
Leasing bietet gegenüber einem Kauf auch strategische Vorteile. Der Arzt kann z. B. je nach Laufzeit alle drei Jahre das neueste Röntgengerät oder den ergonomischen Zahnarztstuhl wählen und seine Praxis so vergleichsweise günstig immer auf dem neuesten technischen Stand halten. Wird das Gerät hingegen per Bankkredit finanziert, ist die Gefahr groß, dass es noch vor Ablauf des Kredits veraltet oder defekt ist. Im schlimmsten Fall muss schon ein neues Gerät angeschafft werden, obwohl das alte noch nicht abbezahlt ist.
Leasing in der Gesundheitsbranche weit unter Durchschnitt
„Die verkürzten Innovationszyklen in der Medizintechnologie zwingen geradezu zu einem fortwährenden Austausch der Geräte, was deutlich für Leasing spricht“, sagt Dr. Claudia Conen. Laut der Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL) liegt der Anteil der geleasten Praxisgeräte mit deutlich unter zehn Prozent „weit unter dem westeuropäischen Schnitt.“ Insgesamt belaufe sich das Leasing-Neugeschäft von Medizinprodukten auf geschätzt 500 Millionen Euro im Jahr.
Die Nachfrage ziehe aber an, so Thomas Koch von Dr. Weber Leasing. Er führt das auf einen „Mentalitäts- und Generationenwechsel in der Ärzteschaft“ zurück. Dieser gehe bei den Entscheidern mit einem „verstärkt betriebswirtschaftlichen Handeln“ einher. Das werde durch den Kostendruck begünstigt, der in vielen Arztpraxen herrsche und effizientere Abläufe erfordere. Die Sensibilität für Themen wie den deutlich günstigeren Stromverbrauch eines Neugeräts oder der nutzungsabhängigen Abrechnung (Pay-as-you-earn oder Pay-per-Scan) nehme zu. Flexibilität und Individualität seien bei der Vertragsgestaltung generell Schlüsselworte beim Leasing von Medizintechnik, bestätigt auch der BDL.
War der Kauf der Praxisgeräte früher Standard, bieten die meisten Medizintechnik-Hersteller inzwischen auch das Leasing ihrer Produkte an. Direkt beim Hersteller zu mieten, ist praktisch: So liegen Finanzierung, Lieferung, Gewährleistung, Wartung und andere Serviceleistungen in einer Hand. Ärzte, die es flexibler mögen, können auch mit herstellerunabhängigen Leasing-Gesellschaften arbeiten. Diese offerieren ebenfalls qualifizierte Beratung, bleiben allerdings herstellerneutral. Das kann zum Vertragsende ein wichtiger Aspekt sein, wenn man über einen Modell- oder Herstellerwechsel nachdenkt.
Unabhängige Leasingberater werden nicht über Herstellerprovisionen, sondern direkt vom Kunden für seinen Service bezahlt und bieten entsprechend umfangreiche und individuelle Beratung. Das kann schon mal etwas länger dauern, wie Thomas Koch bestätigt. Erstgespräche würden in der Regel 60 bis 90 Minuten dauern und oft am Abend oder am Wochenende stattfinden: „Im Tagesgeschäft hat der Arzt nie den Kopf frei für unsere Materie.“ Bei vielen müsse er zudem recherchieren, wer der Vertragspartner ist, weil viele Praxen als GbR mit mehreren Gesellschaftern organisiert sind.
Oft sei auch der Kontakt zu deren Steuerberater hilfreich, um die bestmögliche Lösung zu erzielen. Denn einer der großen Vorteile, die Leasing bietet, ist auch die Absetzbarkeit der monatlichen Raten als Betriebsausgabe. Koch: „Eine passgenaue Lösung ist deshalb fast immer besser als die günstigste Zins-Kondition.“