Medizin-Apps: So erkennen und meiden Sie teure Haftungsfallen
A&W RedaktionFür Therapie und Diagnosefindung können Medizin-Apps eine wertvolle Unterstützung sein. Doch bevor Ärzte beruflich eine App verwenden, sollten sie sehr genau ins Kleingedruckte der Gebrauchsanweisung schauen. Fehlen bestimmte Voraussetzungen, drohen schnell Haftungsrisiken.
So gut wie jeder Arzt besitzt mittlerweile ein Smartphone. Längst haben diese Geräte nicht mehr nur den Zweck des Telefonierens und SMS Schreibens. Unterschiedlichste Angebote von Apps sollen das Leben erleichtern. So existieren auch zahlreiche Apps, die im medizinischen Zusammenhang angewendet werden können.
Wenn Ärzte solche Software im Rahmen der ärztlichen Behandlung ihrer Patienten nutzen, ist dies jedoch nicht ganz ohne Risiko. Nicht jede Software ist tatsächlich sicher und nicht jede Software ist vom Hersteller für den medizinischen Einsatz konzipiert. Darauf sollten niedergelassene Ärzte achten. Wie erkennt man aber nun eine App, die eingesetzt werden kann?
Spezielles Verfahren für Medizinprodukt
Zunächst ist zu unterscheiden, ob es sich bei der Software um ein Medizinprodukt für den ärztlichen Einsatz handelt oder eine Medizin-App, die nicht der speziellen Regulation unterliegt. Generell ist es die Entscheidung des Herstellers, ob er eine Software als Medizinprodukt konzipiert oder nicht. Wenn er sie als Medizinprodukt gestaltet, muss diese auch ein regulatorisches Bewertungsverfahren durchlaufen, in dem die Sicherheit des Produkts für den vorgesehenen Zweck geprüft wird.
Des Weiteren ist nachzuweisen, dass das Produkt den medizinischen Verwendungszweck tatsächlich in der beschriebenen Form erfüllen kann. Die Zweckbestimmung ist nach dem Medizinprodukterecht in der Werbung, der Beschreibung und insbesondere in der Gebrauchsanweisung zu finden. Es ist daher empfehlenswert, sehr genau darauf zu achten, für welchen Zweck der Hersteller die “Medizin-Apps” bestimmt hat. Wenn diese tatsächlich einen medizinischen Zweck verfolgt, also dem Arzt aktiv bei der Therapie- und Diagnosefindung hilft, liegt eine medizinische Zweckbestimmung im rechtlichen Sinne vor. Hier müsste also der regulatorische Rahmen des Medizinproduktegesetzes eingehalten werden.
Vorsicht bei unklarer Bestimmung
Nach außen wäre dies durch ein CE-Kennzeichen erkennbar, welches auch meist auf sonstigen Medizinprodukten zu finden ist. Wenn dies nicht der Fall ist, ist es durchaus möglich, dass der Hersteller explizit die medizinische Zweckbestimmung ausschließt. Für den Anwender ist es insofern mitunter schwierig, zu differenzieren, was der Hersteller tatsächlich bezwecken wollte. Entsprechende Vorsicht ist geboten, wenn nicht klar ist, wofür die App vorgesehen ist. Nicht ausgeschlossen ist ferner, dass eine App im medizinischen Bereich eingesetzt werden kann und auch so konzipiert ist, der Hersteller aber durch die nicht vorhandene medizinische Zweckbestimmung den medizinprodukterechtlichen, regulatorischen Bereich, umgehen will.
Konkret heißt dies, dass der Arzt vor Einsatz einer App darauf achten sollte, ob es sich zum einen um ein Medizinprodukt handelt oder nicht und eine CE-Kennzeichnung erkennbar ist. Des Weiteren ist es von Bedeutung, herauszufinden, was die App laut Herstellerangaben tatsächlich kann. Wenn die App außerhalb der vorgesehenen Zweckbestimmung eingesetzt wird, ist grundsätzlich Vorsicht geboten. Sollten hieraus Fehler bzw. Schäden entstehen, sind entsprechende Haftungsrisiken gegeben.
Autor: Dr. Oliver Pramann, RA der Kanzlei 34 in Hannover